Gesundheit braucht Politik 1–2025
Krankenhausreform
Analyse, Kontext, Kritik

Editorial
Liebe Leser*innen,
im Januar haben wir uns in Frankfurt zur Redaktionssitzung getroffen, um Arbeitsabläufe, Ausrichtung der Zeitschrift und konkrete Inhalte der Ausgaben des neuen Jahres zu diskutieren. Aufgrund der positiven Erfahrungen beim Gesundheitspolitischen Forum und der online-Veranstaltungsreihe »Solidarität Verteidigen!« sowie einer erfreulichen Verstärkung durch gleich drei neue Redaktionsmitglieder waren wir allesamt hoch motiviert. Dies trübten weder die kurz zuvor verabschiedete Gesundheitsreform noch der bereits damals absehbare Erfolg von Union und AfD bei der Bundestagswahl. Im Gegenteil: Durch die zunehmende Versorgungskrise unserer Patient*innen und den bedrohlich voranschreitenden Rechtsruck sehen wir Bündnisse in der Pflicht, entschiedenen und konstruktiven Widerstand zu leisten. Als Zeitschrift des Vereins demokratischer Ärzt*innen und des Solidarischen Gesundheitswesens ist es uns mehr denn je ein Anliegen, einen solchen Beitrag zu leisten. Eure Unterstützung in Form inhaltlicher Rückmeldungen, thematischer Vorschläge oder auch konkreter Textbeiträge ist dabei selbstverständlich herzlich willkommen (bitte per Mail an die neue Mailadresse: kontakt@vdaeae.de).
Für die ersten drei Hefte 2025 haben wir uns auf die Schwerpunkte ›Krankenhausreform‹, ›Medizin in der Krise‹ und ›Gewalt in der Medizin‹ geeinigt; die vierte Ausgabe des Jahres widmet sich wie üblich den Inhalten des Gesundheitspolitischen Forums, das in diesem Jahr vom 7. bis 8. November wieder in Dresden stattfinden wird. Außerdem haben wir uns auf Themenstränge geeinigt, die sich kontinuierlich durch die Hefte ziehen sollen. Neben Armut, Militarisierung und Rechtstrend sollen dies auch Demokratisierung, feministische Perspektiven, Pharmaindustrie, fortschrittliche Medizin und Psychiatrie sein. Darüber hinaus soll auch aktuellen Entwicklungen mehr Platz als bisher üblich eingeräumt werden.
Im Mittelpunkt der aktuellen Ausgabe steht das Thema Krankenhausreform. Zunächst geben wir einen Überblick über den Umfang des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG). Darauf folgt ein kritischer Einblick in die zugrundeliegenden politischen Prozesse in der Entstehung der Reform. Außerdem beleuchten wir Interessengruppen im Bereich der deutschen Krankenhauslandschaft und beschreiben Struktur und Profitmöglichkeiten privater Krankenhauskonzerne. Weitere Artikel widmen sich den Lehren, die wir aus gesundheitspolitischen Umstrukturierungen in NRW und Dänemark ziehen können.
Wir haben außerdem Teilnehmer*innen unseres Gesundheitspolitischen Forums nach ihren Erfahrungen gefragt: Wie beeinflussen Kostendruck bzw. finanzielle Aspekte die medizinische Versorgung von Patient*innen in Deinem/Ihrem Alltag? Dabei sind die im Heft verteilten Zitate entstanden. Sie zeigen noch einmal sehr deutlich auf, wie massiv die Finanzierung der Krankenhausleistungen die Patient*innenversorgung und die Arbeitsbedingungen prägen.
Verbesserungsvorschläge findet ihr anschließend in Form eines Papiers zur optimalen Versorgungskette vom Bündnis Krankenhaus statt Fabrik. Auch ein kurzer Text zur Gesundheitsreform Kubas soll uns und euch ermutigen, die Hoffnung auf ein besseres Gesundheitssystem nicht aufzugeben.
Wenig Hoffnungsvolles hat Bernhard Winter in der Fortsetzung seines Textes zur Militarisierung des Gesundheitswesens zu berichten. In rasanter Geschwindigkeit geht die Militarisierung voran. Mit dem Bundestagsbeschluss vom 18. März zur unbegrenzten Möglichkeit der Aufrüstung wird die Kriegsgefahr immer größer.
Die Gegenwehr wächst auch – aber sehr langsam.
Wir wünschen Euch neue Erkenntnisse und dennoch möglichst viel Spaß beim Lesen!
Eure GbP-Redaktion
Inhalt
- Massiver Abbau droht, Finanz-»Revolution« fällt aus. Zusammenfassende Darstellung und Bewertung des KHVVG
Thomas Böhm - Positionierung wesentlicher Interessenvertreter zum KHVVG
Thomas Böhm - Geschichte der Krankenhausreformen bis zum KHVVG. Eckpunkte der Implementierung des KHVVG
- Was glauben Sie, wer Sie sind? Zur autoritären Rahmung der Durchsetzung des KHVVG
Nadja Rakowitz - Vorbild NRW? Wie hat sich der Krankenhausplan (bisher) ausgewirkt?
Susanne Quast - Wie spielt der Kostendruck in deinem ärztlichen Alltag eine Rolle?
Erfahrungsberichte - Das dänische Modell
Achim Teusch - Privatisierung von Krankenhäusern. Raus aus der »uniformen Zementwüste des Kollektivismus«!Krankenhaus statt Fabrik
- Know your boss. Übersicht über private Klinikbetreiber in Deutschland
- Eine Chimäre. Zur Frage eines funktionsfähigen Wettbewerbs im Krankenhaussektor
Kai Mosebach - Klassenunterschiede. Wie das duale Versicherungssystem eine bedarfsgerechte und gute medizinische Versorgung verhindert
Manuela Huber - Ein anderes Gesundheitswesen ist möglich – Zu einer bedarfsgerechten und patientenfreundlichen Versorgungskette
Krankenhaus statt Fabrik - Ein Vorbild? Ein Einblick in das kubanische Gesundheitssystem
Colette Gras - Kein Gesetz – aber jede Menge Mindsetting. Zum aktuellen Stand der Militarisierung des Gesundheitswesens
Bernhard Winter
Beiträge aus dem Heft
-
Was glauben Sie, wer Sie sind? Zur autoritären Rahmung der Durchsetzung des KHVVG
Nadja Rakowitz für den vdää* Nadja Rakowitz diskutiert weniger den Inhalt des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) als die Art und Weise, wie es politisch durchgesetzt wurde. Sie sieht Momente einer Verselbständigung der […]
-
Positionierung wesentlicher Interessenvertreter zum KHVVG
Von Thomas Böhm für den vdää. Die Positionen der Parteien im Bundestag waren wenig überraschend: Die Koalitionsfraktionen (SPD, Grüne, FDP) stimmten für das Gesetz, alle anderen Parteien dagegen. (Es gab […]
-
Massiver Abbau droht, Finanz-»Revolution« fällt aus. Zusammenfassende Darstellung und Bewertung des KHVVG
Am 06.12.2022 hat die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach eingesetzte Regierungskommission ihre Stellungnahme mit dem Titel »Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung« vorgelegt. Am 12.12.2024 ist die Umsetzung dieser Empfehlungen, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), in […]