Zusammenschluss von Ärzt*innen und Mitarbeitenden des Gesundheitswesens aus Deutschland
IPPNW, medico international, gesundheit4palestine,Walk of Care Berlin und der vdää* unterstützen die Aktion „Wir zeigen Gesicht – Gesundheit für Gaza“ von Ärzt*innen und Mitarbeitenden des Gesundheitswesens aus Deutschland.
Sehr geehrte Kolleg*innen,
wir sind tief erschüttert über die Kriegsverbrechen und die sich täglich zuspitzende humanitäre Notlage in Gaza. Als Ärzt*innen, Pflegende, Therapeut*innen, Wissenschaftler*innen, Studierende und Auszubildende des Gesundheitssystems in Deutschland können und wollen wir nicht länger schweigen.
Wir verurteilen die gezielten Angriffe auf die Zivilbevölkerung sowie unsere Kolleg*innen und Gesundheitseinrichtungen vor Ort aufs Schärfste und rufen alle Mitarbeitenden des Gesundheitssystems in Deutschland dazu auf, aktiv Solidarität zu zeigen und gemeinsam Haltung zu beziehen.
Laut UN verfolgt Israel „eine konzertierte Politik zur Zerstörung des Gesundheitssystems (…) als kollektive Bestrafung der Palästinenser im Gazastreifen“. Berichte von UN, WHO und NGOs wie Ärzte ohne Grenzen oder Human Rights Watch belegen:
- Krankenhäuser werden gezielt bombardiert
- medizinisches Personal wird misshandelt, inhaftiert, gefoltert und getötet
- Patient*innen beim Aufsuchen von Krankenversorgung ermordet
- Unter Kliniken werden Massengräber ausgehoben
In keinem anderen Konflikt der letzten 20 Jahre wurden innerhalb eines Jahres mehr Frauen und Kinder getötet. Nirgendwo müssen so viele Kindern amputiert werden, jedes dritte leidet an Unterernährung.
Die Lebenserwartung ist in den ersten 12 Monaten des Krieges um 34,9 Jahre gefallen.
Mehr als die Hälfte aller Kliniken und Gesundheitszentren sind mittlerweile zerstört. Die Versorgung chronisch Kranker ist durch die Blockade dringend benötigter Medikamente nahezu zusammengebrochen. Infektionskrankheiten wie Durchfallerkrankungen, Atemwegsinfekte, Meningitiden oder lebensbedrohliche neurologische Komplikationen (z. B. Guillain-Barré-Syndrom) breiten sich dramatisch aus.
Parallel zerstört Israel gezielt alle weiteren Strukturen, die die Grundlage für Leben und Gesundheit sind: Wohngebäude, Märkte, Bildungseinrichtungen, Agrarflächen sowie die Wasser- und Stromversorgung. Hunger und Durst werden als Waffe eingesetzt.
Diese Verbrechen verstoßen gegen das Völkerrecht und die Genfer Konventionen, die Zivilist*innen und medizinisches Personal in bewaffneten Konflikten schützen sollen.
Israels jahrzehntelange Besatzung von Gaza und dem Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem ist laut Urteil des Internationalen Gerichtshof (IGH) illegal und verstößt gegen das Völkerrecht und das Verbot von rassistischer Segregation bzw. von Apartheid.
Das Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza wird u.a. von UN-Menschenrechtsexpert*innen und der International Association of Genozide Scholars als Genozid eingestuft.
Der IGH hat gegen Israel das Verfahren wegen Völkermord eingeleitet, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erlassen.
Deutschland trägt Mitverantwortung: Neben den USA unterstützt kein Land die israelische Regierung so umfassend militärisch, politisch und finanziell wie die Bundesrepublik.
Wir alle haben einen Beruf gewählt, der dem Schutz von Gesundheit und Leben verpflichtet ist.
Unsere moralische Integrität, Menschlichkeit und Völkerrecht sind keine abstrakten Prinzipien, sie fordern unser aktives Handeln. „Nie wieder“ heißt für uns: Nie wieder Wegsehen bei Unterdrückung oder Tötung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Religion.
Wir verurteilen Kriegsverbrechen auf allen Seiten. Doch angesichts der Massentötungen und der systematischen Zerstörung in Gaza richten wir unsere Hauptkritik an die israelische Regierung und ihre internationalen Unterstützer*innen.
Wir rufen zur Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung und unseren Kolleg*innen in Gaza auf. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihre Verantwortung zu übernehmen und Deutschland nicht länger zum Komplizen zu machen.
So können Sie sich beteiligen:
Zeigen Sie Gesicht: Senden Sie uns ein Foto von Ihnen oder Ihrem Team mit einem Schild, das Ihre Botschaft an die Bundesregierung und/oder die Menschen in Gaza zeigt. Die Mailadresse ist: gesundheitfuergaza@systemli.org
Bitte teilen Sie uns mit, ob wir Ihren Namen und Ihre Funktion veröffentlichen dürfen. Die Fotos veröffentlichen wir im Rahmen der Social-Media-Aktion auf Instagram „Wir zeigen Gesicht – Gesundheit für Gaza“ in Kollaboration mit medico international, vdää*, IPPNW, Gesundheit für Palestine und Walk of Care Berlin.
Unsere Forderungen an die Bundesregierung:
1. Gesundheitsversorgung schützen – Angriffe verurteilen
Verteidigen Sie das humanitäre Völkerrecht, insbesondere Artikel 18 der Genfer Konvention. Verurteilen Sie die gezielte Zerstörung von Gesundheitseinrichtungen und medizinischem Personal klar und öffentlich und knüpfen Sie daran politische Konsequenzen.
2. Medizinische Hilfe ermöglichen – Evakuierung und Versorgung sicherstellen
Setzen Sie sich für die sofortige Versorgung der Bevölkerung in Gaza ein. Das heißt: Entsendung medizinischer Teams, Lieferungen humanitärer und medizinischer Güter, sowie Evakuierung von Schwerverletzten – in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen.
Setzen sie sich für die Freilassung und medizinische Versorgung der Verschleppten auf beiden Seiten ein.
3. Keine Waffen für Kriegsverbrechen – militärische Kooperation beenden
Beenden Sie jegliche militärische Zusammenarbeit mit der israelischen Regierung, einschließlich Rüstungsexporten und entsprechenden Ausbildungs- und Forschungsprogrammen.
4. Waffenstillstand durchsetzen – Ungehinderter Zugang humanitärer Organisationen
Setzen Sie sich mit allen politischen Mitteln für einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand in Gaza und für einen ungehinderten Zugang durch geeignete humanitäre Organisationen (u.a. UNRWA, MSF) ein. Keine militarisierte Versorgung durch die sogenannte Gaza Humanitarian Foundation.
5. Internationale Gerichtsbarkeit respektieren – Rechtsstaatlichkeit sichern
Erkennen Sie uneingeschränkt die Zuständigkeit internationaler Gerichte an. Unterstützen Sie die strafrechtliche Aufarbeitung von Kriegsverbrechen, unabhängig von den beteiligten Staaten.
Verurteilen Sie die Menschenrechtsverletzungen in den besetzen palästinensischen Gebieten und in israelischen Gefängnissen.
Fordern Sie ein Ende der Besatzung und erkennen Sie Palästina als Staat an.
6. Grundrechte in Deutschland schützen – Kritik und Protest nicht kriminalisieren
Wahren Sie die Meinungs‑, Versammlungs- und Wissenschaftsfreiheit. Beenden Sie die Repressionen gegen palästinasolidarische Stimmen und die Einschränkung legitimer Kritik in Deutschland.
Mit Ihren Fotos werden wir verantwortungsvoll umgehen. Das bedeutet, dass wir diskriminierende Botschaften insbesondere antisemitische, aber auch rassistische, sexistische, ableistische u.ä. nicht veröffentlichen werden.