Kri­tik der Argu­men­ta­ti­on zur Ver­bes­se­rung von Qua­li­tät und Sicher­heit der Gesund­heits­ver­sor­gung

Bewer­tung der 5. Stel­lung­nah­me der Regie­rungs­kom­mis­si­on

vom Bünd­nis Kran­ken­haus statt Fabrik

Die fünf­te Stel­lung­nah­me der „Regie­rungs­kom­mis­si­on für eine moder­ne und bedarfs­ge­rech­te Kran­ken­haus­ver­sor­gung“ zum The­ma: „Ver­bes­se­rung von Qua­li­tät und Sicher­heit der Gesund­heits­ver­sor­gung. Poten­zi­al­ana­ly­se anhand exem­pla­ri­scher Erkran­kun­gen“[1] vom 22. Juni 2023 geht von der The­se aus, dass Deutsch­land bei der Behand­lungs­qua­li­tät, etwa bei den ver­meid­ba­ren sowie behan­del­ba­ren Todes­ur­sa­chen, im OECD-Ver­gleich nur im Mit­tel­feld, lie­ge.

Sie will wis­sen­schaft­lich bele­gen, dass man durch die Umset­zung der von ihr vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­men poten­ti­ell über elf Krebs­ar­ten hin­weg über 20.000 Lebens­jah­ren jähr­lich gewin­nen, das Ver­ster­ben inner­halb des ers­ten Jah­res nach dem Schlag­an­fall um knapp 5.000 Fäl­le redu­zie­ren und hun­der­te Revi­si­ons­ope­ra­tio­nen bei Hüft- bzw. Knie-TEP-Implan­ta­tio­nen ver­mei­den kön­ne. Die Mess­lat­te ist also hoch gelegt, die Wich­tig­keit für die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung immens. Wir haben uns die Argu­men­ta­ti­on und die zugrun­de­lie­gen­den Stu­di­en genau­er ange­schaut und kom­men zu ande­ren Schlüs­sen. Beson­ders die behaup­te­te Wis­sen­schaft­lich­keit der Argu­men­ta­ti­on und damit die Unab­hän­gig­keit der Kom­mis­si­on ist dabei frag­wür­dig. Das Ziel, Grün­de für die Schlie­ßung klei­ner Kran­ken­häu­ser zu prä­sen­tie­ren, domi­niert erkenn­bar die Argu­men­ta­ti­on.

Ein Teil unse­rer Ein­wän­de wird bestä­tigt und ver­stärkt durch die Stu­die „Kri­ti­sche Wür­di­gung der Ana­ly­se der Regie­rungs­kom­mis­si­on zur Ver­bes­se­rung von Qua­li­tät und Sicher­heit der Gesund­heits­ver­sor­gung – Poten­ti­al­ana­ly­se anhand exem­pla­ri­scher Erkran­kun­gen“[2] von Prof. Eri­ka Raab, die detail­liert die „Pro­blem­zo­nen“ der Stel­lung­nah­me der Regie­rungs­kom­mis­si­on beleuch­tet.

All­ge­mei­nes:

  1. Die Stel­lung­nah­me unter­schei­det sich dadurch von den bis­he­ri­gen und ange­kün­dig­ten Stel­lung­nah­men, dass sie zu kei­nem spe­zi­el­len The­ma der Ver­sor­gung Stel­lung nimmt, son­dern Argu­men­te für die 3. Stel­lung­nah­me nach­schiebt.
  2. Es ist offen­sicht­lich, dass es sich um eine Auf­trags­ar­beit für Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Lau­ter­bach han­delt, der in der Öffent­lich­keit („Schlie­ßungs­wel­le“) und in den Ver­hand­lun­gen mit den Län­dern unter Druck gekom­men ist. Gro­ße Tei­le der Kom­mis­si­ons­vor­schlä­ge sind durch die Eck­punk­te­pa­pie­re abge­räumt. Es han­delt sich von Sei­ten der Kom­mis­si­on also auch um einen Wie­der­be­le­bungs­ver­such ihrer Vor­schlä­ge.
  3. Den Grund­the­sen der Stel­lung­nah­me (bes­se­re Ergeb­nis­se der Krebs­be­hand­lung in zer­ti­fi­zier­ten Zen­tren, bes­se­re Ergeb­nis­se der Schlag­an­fall­be­hand­lung in Stro­ke-Units, bes­se­re Ergeb­nis­se des Gelenk­er­sat­zes bei hohen Zah­len) kann im Grund­satz zuge­stimmt wer­den und sie wer­den wohl auch von nie­man­dem bezwei­felt.
    Aller­dings kann dar­aus nicht schlüs­sig die Not­wen­dig­keit der Schließung/Umwandlung klei­ner Kran­ken­häu­ser abge­lei­tet wer­den. Es gibt Schlag­an­fall­netz­wer­ke, bei denen sich auch klei­ne­re Kran­ken­häu­ser betei­li­gen und auch onko­lo­gi­sche Zen­tren wer­den oft in Koope­ra­ti­on mit klei­ne­ren Häu­sern betrie­ben, jeweils mit gutem Out­co­me für die Patient*innen
  4. Han­delt es sich in die­sen bei­den Fäl­len um qua­li­ta­ti­ve Fest­le­gun­gen, so wird beim Gelenk­er­satz auf die rei­ne Fall­zahl abge­stellt. Es spricht eini­ges dafür, dass auch hier die Grund­the­se (bes­se­re Ergeb­nis­se in Zen­tren mit grö­ße­ren Fall­zah­len) stimmt, was zu einer Beschrän­kung des Ver­sor­gungs­auf­tra­ges für klei­ne­re Häu­ser füh­ren müss­te, aber eben­falls nicht zu ihrer Schließung/Umwandlung. Klei­ne­re Häu­ser in länd­li­chen Gegen­den haben einen ganz ande­ren Ver­sor­gungs­auf­trag: die Grund- und Not­fall­ver­sor­gung der jewei­li­gen Bevöl­ke­rung im Ver­sor­gungs­ge­biet. Gelenk­er­satz gehört nicht hier­zu. Anders sieht dies bei klei­nen Kran­ken­häu­sern in Bal­lungs­ge­bie­ten aus. Sie kön­nen ver­zicht­bar sein, aller­dings nur, wenn die Kapa­zi­tä­ten der ande­ren Häu­ser erhöht wer­den.
  5. Sowie­so sind 2 der 3 unter­such­ten Enti­tä­ten zei­tun­kri­tisch (Krebs­be­hand­lung, Gelenk­er­satz) und die Berech­nung der Ver­län­ge­rung der Fahrt­zei­ten ist eigent­lich irrele­vant. Den­noch fin­det hier ein inter­es­san­tes Ver­wirr­spiel mit sta­tis­ti­schen Daten statt. Die Kom­mis­si­on kommt bei allen 3 bespro­che­nen Behand­lungs­an­läs­sen zum Ergeb­nis, dass im Schnitt kei­ne oder nur eine unwe­sent­li­che Ver­län­ge­rung der Fahrt­zei­ten bei ihren Zen­tra­li­sie­rungs­vor­schlä­gen statt­fin­den wür­de. Das ist Augen­wi­sche­rei. Bekannt­lich zeich­nen sich länd­li­che Berei­che durch eine gerin­ge­re Bevöl­ke­rungs­zahl als Groß­stadt­be­reich aus. Der Anteil ihrer Fahrt­zeit geht also viel schwä­cher in eine Durch­schnitts­bil­dung ein. Ein Bei­spiel: In einem länd­li­chen Bereich leben 100.000 Men­schen, die durch­schnitt­lich eine Fahrt­zeit von 30 Minu­ten zum nächs­ten Ver­sor­ger haben. In groß­städ­ti­schen Gebie­ten leben 900.000 Men­schen mit einer Fahrt­zeit von 15 Minu­ten. Schließt der länd­li­che Ver­sor­ger und die Fahrt­zei­ten erhö­hen sich auf 60 Minu­ten, dann ändert sich die durch­schnitt­li­che Fahrt­zeit aller nur von 16,5 Min. auf 19,5 Min. Hier einen Durch­schnitt zu bil­den, ver­bie­tet sich bei seriö­ser Argu­men­ta­ti­ons­wei­se. Die Ver­schlech­te­rung der Situa­ti­on der Bevöl­ke­rung in länd­li­chen Gebie­ten wird weg­ge­rech­net.
  6. Schlag­an­fäl­le sind zeit­kri­tisch. Des­halb ist die Vari­an­te „nur Behand­lung in gro­ßen über­re­gio­na­len Zen­tren“ nicht die ein­zi­ge Lösung und je nach Ent­fer­nung evtl. auch nicht die bes­te. Die ange­spro­che­nen Netz­wer­ke und vor allem die von uns gefor­der­ten ambu­lan­ten Ver­sor­gungs­zen­tren der Kran­ken­häu­ser sind eine bes­se­re Lösung. Sie muss mit einer Aus­wei­te­rung der Not­arzt­stand­or­te und der Hub­schrau­ber-Sta­tio­nie­run­gen ver­bun­den wer­den.
  7. Ein wei­te­rer Kri­tik­punkt ist, dass der behaup­te­te Zusam­men­hang zwi­schen Out­co­me und Spe­zia­li­sie­rungs­grad der behan­deln­den Kran­ken­häu­ser als ein­zi­ge Kau­sa­li­tät für die unter­schied­li­chen Behand­lungs­er­geb­nis­se dar­ge­stellt wird. Wel­chen Stel­len­wert für unter­schied­li­che Behand­lungs­er­geb­nis­se die finan­zi­el­len Anrei­ze durch das DRG-Sys­tem haben oder die Per­so­nal­aus­stat­tung der KH oder die Unter­schie­de im Umgang mit Feh­lern oder die Art und Wei­se der beruf­li­chen Aus­bil­dung in den Gesund­heits­be­ru­fen oder die unter­schied­li­che Orga­ni­sa­ti­on der ambu­lan­ten und sta­tio­nä­ren Gesund­heits­ver­sor­gung in ver­schie­de­nen zum Ver­gleich her­an­ge­zo­ge­nen Län­dern, das alles wird als mög­li­che zusätz­li­che oder kon­kur­rie­ren­de Ursa­chen für den beob­ach­te­ten Zusam­men­hang nicht betrach­tet. Wis­sen­schaft­lich wäre eine der­art umfas­sen­de Betrach­tung aber gebo­ten.
  8. Schlie­ßun­gen klei­ner Kran­ken­häu­ser füh­ren zu einem höhe­ren Druck auf die ver­blei­ben­den gro­ßen Häu­ser: Wenn jeder Ver­dacht auf einen Herz­in­farkt oder Schlag­an­fall nur in die ent­spre­chend spe­zia­li­sier­ten Kli­ni­ken gebracht wer­den darf, ohne dass ande­re der Spe­zia­li­sie­rung nicht bedürf­ti­ge Dif­fe­ren­ti­al­dia­gno­sen aus­ge­schlos­sen wur­den, wer­den die Ver­sor­gungs­ka­pa­zi­tä­ten der spe­zia­li­sier­ten Abtei­lun­gen mit gro­ßer Sicher­heit über­schrit­ten.
  9. Ein wei­te­res grund­sätz­li­ches Pro­blem von Mes­sun­gen der Ergeb­nis­qua­li­tät kommt hin­zu: Die Fra­ge der Ver­ur­sa­chung lässt sich nicht ein­deu­tig zuord­nen. Ist das Behand­lungs­er­geb­nis Fol­ge der Kran­ken­haus­be­hand­lung, der Vor- und/oder Nach­be­hand­lung durch ande­re oder ist es Fol­ge des Krank­heits­bil­des selbst bzw. des Ver­hal­tens des Pati­en­ten oder der Patient*in? Hier gilt: Je län­ger der Beob­ach­tungs­zeit­raum (z.B. Ein­jah­res­über­le­bens­zeit), umso unsi­che­rer das Ergeb­nis. Auch die­se Pro­ble­ma­tik blen­det die Kom­mis­si­on völ­lig aus.
  10. Auch wenn wir also im Grund­satz den The­sen nicht wider­spre­chen (aller­dings sehr vehe­ment der Inten­ti­on), ist es den­noch inter­es­sant, inwie­weit die vor­ge­leg­ten Stu­di­en und „Bele­ge“ und ihre Inter­pre­ta­ti­on durch die Regie­rungs­kom­mis­si­on wis­sen­schaft­lich vali­de die­se The­sen erhär­ten. Hier­an gibt es Zwei­fel.

Fall­bei­spiel 1: Krebs­be­hand­lung:

Den Betrach­tun­gen der Kom­mis­si­on liegt die Stu­die „Wirk­sam­keit der Ver­sor­gung in onko­lo­gi­schen Zen­tren“ (WiZen, För­der­kenn­zei­chen 01VSF17020[3]) geför­dert vom Gemein­sa­men Bun­des­aus­schuss (GBA) zugrun­de. Sie betrach­tet anhand von AOK-Rou­ti­ne­da­ten Patient*innen der Jah­re 2007 bis 2017 mit einer von 11 Krebs­dia­gno­sen, wobei die Patient*innen der ers­ten bei­den Jah­re aus­ge­schlos­sen wur­den, um nicht frü­he­re Erkran­kun­gen mit­zu­rech­nen. Die Stu­die hat rela­tiv prä­zi­se Ein­schluss- und Aus­schluss­kri­te­ri­en (S. 15 Ergeb­nis­be­richt).

Die Defi­ni­ti­on der Krebs-Erst­be­hand­lung (Erst­ope­ra­ti­on und nur, wenn kei­ne Ope­ra­ti­on durch­ge­führt wur­de, die sta­tio­nä­re Erst­be­hand­lung mit der ent­spre­chen­den Haupt­dia­gno­se) ent­schei­det über die Fra­ge, ob eine Zen­trums­be­hand­lung oder nicht vor­liegt. Patient*innen, die wäh­rend ihrer Behand­lung von einem Krebs­zen­trum in ein ande­res Kran­ken­haus wech­sel­ten und umge­kehrt, wur­den aus­ge­schlos­sen.

Die Stu­die kommt zu dem Ergeb­nis, dass die Behand­lung in einem Krebs­zen­trum Vor­tei­le hat. Aller­dings ist die Inter­pre­ta­ti­on der Ergeb­nis­se sehr vor­sich­tig. Hier eini­ge Bei­spie­le:

„Ein sys­te­ma­ti­sches Review, wel­ches die Effek­te von Behand­lun­gen in zer­ti­fi­zier­ten Zen­tren ana­ly­sier­te, konn­te kei­ne ein­deu­ti­gen Schlüs­se bezüg­lich der Ver­sor­gung von Patient:innen und der Wirk­sam­keit der Behand­lung zie­hen (Kein­ki et al., 2016).“ (S. 7)

„Ins­ge­samt soll­te eine kau­sa­le Inter­pre­ta­ti­on der Ergeb­nis­se nur mit Vor­sicht abge­lei­tet wer­den.“ (S. 13)

„Der Über­le­bens­vor­teil für Patient:innen, die in zer­ti­fi­zier­ten Zen­tren behan­delt wur­den, fällt für die ver­schie­de­nen Enti­tä­ten unter­schied­lich aus. Ein sol­cher Vor­teil wur­de – sta­tis­tisch signi­fi­kant (…) – für das Kolon­kar­zi­nom, das Mam­ma­kar­zi­nom, das Zer­vix­kar­zi­nom, das Pro­sta­ta­kar­zi­nom und neu­roon­ko­lo­gi­sche Tumo­ren beob­ach­tet.“ (S. 41) – also für 5 von 11!

„Unser Daten­satz lässt eine kau­sa­le Inter­pre­ta­ti­on der Ergeb­nis­se nicht zu: da der Sta­tus ‚Zer­ti­fi­zie­rung‘ ein kom­ple­xes Gefü­ge von Inter­ven­tio­nen auf Kran­ken­hau­se­be­ne umfasst, die schwer zu quan­ti­fi­zie­ren sind, unter­lie­gen die meis­ten, wenn nicht alle Stu­di­en, die auf die Eva­lua­ti­on der Zer­ti­fi­zie­rung abzie­len, die­ser Ein­schrän­kung. Außer­dem war eine Ran­do­mi­sie­rung der Kohor­te auf­grund der Struk­tur des Zer­ti­fi­zie­rungs­sys­tems und der Ver­wen­dung von Sekun­där­da­ten / Krebs­re­gis­ter­da­ten nicht mög­lich. Auf der Pati­en­ten­ebe­ne gab es kei­ner­lei Infor­ma­tio­nen über den sozio­öko­no­mi­schen Sta­tus.“ (S. 41f.)

Was ange­sichts der Dis­kus­si­on um die Schlie­ßung klei­ner Kran­ken­häu­ser auch noch inter­es­sant ist: „Die stra­ti­fi­zier­ten Ana­ly­sen erga­ben für die­se Enti­tä­ten somit kei­ne Evi­denz für Modi­fi­ka­tio­nen des Zen­trums­ef­fek­tes durch die Grö­ße des behan­deln­den Kran­ken­hau­ses. (S. 30)

Die Regie­rungs­kom­mis­si­on hat nun die Ergeb­nis­se der Stu­die auf das Jahr 2021 über­tra­gen und mit der aktu­el­len Patient*innenzahl und Zahl der Zen­tren/­Nicht-Zen­tren hoch­ge­rech­net. Dabei wird als Zen­trum nur gewer­tet, wenn eine Zer­ti­fi­zie­rung der Deut­schen Krebs­ge­sell­schaf (DKG) vor­lag (Stel­lung­nah­me, S. 14). Es gibt aber etli­che wei­te­re Zer­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­ren und ‑vor­ga­ben auf Lan­des­ebe­ne und durch den G‑BA, die gleich­wer­tig sind, aber von der Regie­rungs­kom­mis­si­on nicht gerech­net wer­den. Wei­ter­hin gibt es zwi­schen­zeit­lich in vie­len Län­dern (z.T. auf Basis von Fest­le­gun­gen im jewei­li­gen Lan­des­kran­ken­haus­plan) Zusam­men­schlüs­se von Kli­ni­ken, die zusam­men mit einem Kom­pe­tenz­zen­trum eine gemein­sa­me Ver­sor­gung von Krebspatient*innen betrei­ben. Auch sie wer­den nicht als Zen­trum gewer­tet.[4]

Auch in der Behand­lung von Krebs hat sich seit den Jah­ren 2007 bis 2017 eini­ges geän­dert (z.B. ambu­lan­te Che­mo­the­ra­pien), sodass erheb­li­che Beden­ken bestehen, ob die Aus­gangs­da­ten der Berech­nung der Kom­mis­si­on noch vali­de sind. Die Ver­wen­dung der Abrech­nungs­da­ten der Kran­ken­kas­sen wirft wei­te­re Zwei­fel auf: In ihnen sind wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen zum Tumor­sta­di­um nicht ent­hal­ten, sodass eine unter­schied­li­che Zusam­men­set­zung der ursprüng­li­chen Grund­ge­samt­hei­ten nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann.

Zur Fra­ge des Einschlusses/Ausschlusses von Patient*innen und Zen­tren wird – im Gegen­satz zur Stu­die – kei­ner­lei Aus­sa­ge gemacht. Wird in der Stu­die die Erst­be­hand­lung klar als die Erst-OP aus­ge­wie­sen, spricht die Kom­mis­si­on nur von Erst­be­hand­lung. Damit kön­nen Patient*innen, die zuerst nicht in einem Zen­trum behan­delt wur­den, deren Ope­ra­ti­on aber in einem Zen­trum statt­fand, falsch gewer­tet wer­den. Das­sel­be gilt für den umge­kehr­ten Fall. Aus­schlüs­se von Patient*innen und Kran­ken­häu­sern auf­grund des Ver­laufs der Behand­lun­gen bzw. der Ent­wick­lung des Zen­tren­sta­tus sind bei die­ser ein­ma­li­gen Aus­wer­tung sowie­so nicht mög­lich. Es kann sich also um eine ganz ande­re Grund­ge­samt­heit han­deln und damit ist natür­lich die Über­tra­gung der Ergeb­nis­se nicht kor­rekt.

Die Beschrän­kun­gen des Daten­jah­res 2021 durch Coro­na (Ver­schie­bung von Ein­grif­fen, Angst von Patient*innen vor Kran­ken­haus­auf­ent­hal­ten) wer­den nicht betrach­tet. Auch die feh­len­de Berück­sich­ti­gung von Patient*innenverfügungen und gewoll­ten pal­lia­ti­ven Ver­sor­gun­gen (ein­her­ge­hend mit einer Ver­sor­gung in einer klei­ne­ren und nicht spe­zia­li­sier­ten Kli­nik) ver­fälscht die Ergeb­nis­se.

Einen Über­le­bens­vor­teil auch dann anzu­neh­men und zu berech­nen, wenn eine nicht zer­ti­fi­zier­te Kli­nik ledig­lich „an der Ver­sor­gung betei­ligt“ war (s. Tabel­le S. 13 in der Stel­lung­nah­me der Kom­mis­si­on), also z.B. die Dia­gno­se gestellt oder eine prä­ope­ra­ti­ve Che­mo­the­ra­pie durch­ge­führt hat, die OP aber in einer zer­ti­fi­zier­ten Kli­nik statt­fand, ent­spricht nicht den Defi­ni­tio­nen der WiZen-Stu­die.

Wie vie­le „pri­mä­re Resek­tio­nen (Erst-OPs)“ im Jahr 2021 in nicht­zer­ti­fi­zier­ten Kli­ni­ken statt­fan­den, hat die Regie­rungs­kom­mis­si­on nicht dar­ge­legt und nicht zur Berech­nungs­grund­la­ge gemacht.

Das errech­ne­te „Qua­li­täts­po­ten­ti­al“ von 20.404 Lebens­jah­ren schätzt sie auf Grund der Erwei­te­rung der Defi­ni­ti­on der „Behand­lung in nicht­zer­ti­fi­zier­ter Kli­nik“ auf jede Erst­be­hand­lung und die gesam­te Ver­sor­gung zu hoch ein. Die poli­ti­sche Wir­kung ihrer Fehl­be­rech­nung kann nicht hoch genug ein­ge­schätzt wer­den.

All das ficht die Kom­mis­si­on nicht an. Sie kommt zu dem ver­meint­lich kla­ren Ergeb­nis: „Pro Jahr könn­ten für die ein­zel­nen Krebs­ar­ten zwi­schen 665 (Zer­vix­kar­zi­nom) und 4.873 (Kolon­kar­zi­nom) Lebens­jah­re durch die Kon­zen­tra­ti­on der Erst­be­hand­lung aus­schließ­lich auf zer­ti­fi­zier­te Kli­ni­ken geret­tet wer­den.“ (S. 15) Damit zieht sie genau die kau­sa­len Schlüs­se, die die Stu­die ablehnt und die bei die­ser Art von sta­tis­ti­schen Aus­wer­tun­gen über­haupt nicht mög­lich sind.

Die­se Zah­len sol­len beein­dru­cken und tat­säch­lich hat es die Kom­mis­si­on mit die­ser Rech­nung geschafft, fak­tisch auf alle Titel­sei­ten wich­ti­ger Medi­en zu kom­men. Dahin­ter steht aber wie­der ein Rechen­kunst­stück. Die Berech­nung der Über­le­bens­jah­re ist im Wesent­li­chen geprägt durch die hohe Zahl von Fäl­len, denn bezo­gen auf den ein­zel­nen Patient*innen sieht das alles ganz anders aus: „Sie beträgt zwi­schen 1 Monat (Lun­gen­krebs) und 5 Mona­ten (Zer­vix­kar­zi­nom) Lebens­zeit pro erkrank­ter Per­son“ (S. 14). Die­se Zah­len hät­ten sicher nicht für Schlag­zei­len gesorgt.

Um das noch­mals zu beto­nen: Es geht uns bei unse­rer Bewer­tung nicht dar­um, Behand­lungs­vor­tei­le von Zen­tren zu leug­nen. Es geht um die unlau­te­re Vor­ge­hens­wei­se und die unlau­te­ren Absich­ten, die hin­ter die­ser Kom­mis­si­ons­stel­lung­nah­men ste­hen.

Fall­bei­spiel 2: Schlag­an­fall

Den Betrach­tun­gen der Kom­mis­si­on liegt die Stu­die „Ergeb­nis­se QUAa­li­täts­ge­si­cher­ter SCHlag­an­fall­ver­sor­gung: Hes­sen im Ver­gleich zum übri­gen Bun­des­ge­biet“ (Quasch För­der­kenn­zei­chen 01VSF18041[5]) geför­dert vom G‑BA zugrun­de. Sie betrach­tet anhand von AOK-Rou­ti­ne­da­ten Patient*innen der Jah­re 2007 bis 2017 mit Schlag­an­fall. Auch die­se Stu­die benennt klar ihre Limi­ta­tio­nen: „Als Beob­ach­tungs­stu­die kön­nen die Ergeb­nis­se natur­ge­mäß nicht kau­sal inter­pre­tiert wer­den. (…) Die Stu­die beschränkt sich auf die Sterb­lich­keit als Aspekt der Ergeb­nis­qua­li­tät, der mit Rou­ti­ne­da­ten abge­bil­det wer­den kann, aber zum Teil kri­tisch hin­ter­fragt wird. Ande­re rele­van­te Ergeb­nis­se wie bei­spiels­wei­se die Funk­tio­na­li­tät nach Schlag­an­fall, wie sie mit der Inter­na­tio­nal Clas­si­fi­ca­ti­on of Func­tio­ning, Disa­bi­li­ty and Health abge­bil­det wird, wer­den nicht berich­tet, da hier­zu kei­ne Rou­ti­ne­da­ten vor­lie­gen. Die­se Limi­ta­ti­on gilt auch für die nur auf Rou­ti­ne­da­ten beru­hen­de Risi­ko­ad­jus­tie­rung, womit mög­li­cher­wei­se rele­van­te Ein­fluss­fak­to­ren wie der Schlag­an­fall­schwe­re­grad bei Auf­nah­me nicht berück­sich­tigt wer­den.“ (Ergeb­nis­be­richt S. 24f.)

Hin­ge­gen schreibt die Regie­rungs­kom­mis­si­on (S. 22): „Aus­ge­hend von den Unter­schie­den in der Ein­jah­res­sterb­lich­keit laut der QUASCH-Stu­die zeigt Tabel­le 6 das Poten­zi­al zur Reduk­ti­on der Ein­jah­res­sterb­lich­keit, wenn alle Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten in Stro­ke Units behan­delt wür­den. (…) Ins­ge­samt resul­tiert ein Poten­zi­al ver­mie­de­ner Ein­jah­res­sterb­lich­keit von 4.969 Fäl­len.“

Die Pro­ble­ma­tik der Ver­wen­dung von Abrech­nungs­da­ten der Kran­ken­kas­sen, der Ver­wen­dung von alten Daten (ohne Berück­sich­ti­gung von Ver­än­de­run­gen in der Ver­sor­gungs­land­schaft und von Behand­lungs­fort­schrit­ten) ist die­sel­be wie im Fall­bei­spiel 1 Krebs­be­hand­lung (sie­he dort). Die Ret­tungs­dienst­ge­set­ze der Bun­des­län­der ver­pflich­ten Notärzt*innen und Ret­tungs­diens­te dazu, Notfallpatient*innen in ein für die wei­te­re Behand­lung geeig­ne­tes Kran­ken­haus zu beför­dern. Das ist im Fal­le des Schlag­an­falls in der Regel ein Kran­ken­haus mit Stro­ke Unit. Hier als Bei­spiel der Wort­laut der Rege­lung des § 2 Abs. 2 des Ret­tungs­ge­set­zes NRW: „(2) Die Not­fall­ret­tung hat die Auf­ga­be, bei Not­fall­pa­ti­en­tin­nen und Not­fall­pa­ti­en­ten lebens­ret­ten­de Maß­nah­men am Not­fall­ort durch­zu­füh­ren, deren Trans­port­fä­hig­keit her­zu­stel­len und sie unter Auf­recht­erhal­tung der Trans­port­fä­hig­keit und Ver­mei­dung wei­te­rer Schä­den mit Not­arzt- oder Ret­tungs­wa­gen oder Luft­fahr­zeu­gen in ein für die wei­te­re Ver­sor­gung geeig­ne­tes Kran­ken­haus zu beför­dern.“[6]

Sol­che lan­des­ge­setz­li­chen Rege­lun­gen gewähr­leis­ten, dass alle Patient*innen mit Schlag­an­fall, bei denen eine kura­ti­ve Behand­lung ange­strebt wird, also eine mög­lichst weit­ge­hen­de Behe­bung der Ursa­chen und Fol­gen des Schlag­an­falls, in eine Stro­ke Unit ein­ge­lie­fert wer­den. Ledig­lich Patient*innen mit einer Patient*innenverfügung, die inva­si­ves Vor­ge­hen und/oder inten­siv­me­di­zi­ni­sche Behand­lung aus­schließt, oder demen­te, mul­ti­mor­bi­de, nicht reha­bi­li­ta­ti­ons­fä­hi­ge Men­schen, bei denen ledig­lich eine pal­lia­ti­ve Behand­lung ange­strebt wird, wer­den auch in Kran­ken­häu­ser ohne Stro­ke Unit ein­ge­lie­fert.

Das war z.B. im Land NRW im Kran­ken­haus­plan 2015 expli­zit gere­gelt: Im Anhang F zum Kran­ken­haus­plan „Grund­la­gen zur Aner­ken­nung von Behand­lungs­ein­hei­ten zur Schlag­an­fall­ver­sor­gung (Stro­ke Units) im Kran­ken­haus­plan Nord­rhein-West­fa­len hieß es dazu: „Indi­ka­tio­nen für die Akut­be­hand­lung außer­halb von Stro­ke Units sind wei­ter­hin gege­ben bei Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit schon län­ger bestehen­der, sta­bi­ler neu­ro­lo­gi­scher Sym­pto­ma­tik und bei bereits bestehen­der Pfle­ge­be­dürf­tig­keit und Mul­ti­mor­bi­di­tät. Daher wird die Auf­nah­me sämt­li­cher Schlag­an­fall­pa­ti­en­tin­nen und –pati­en­ten auf einer Stro­ke Unit nicht ange­strebt.“[7] (Fett und unter­stri­chen im Ori­gi­nal)

Dem­entspre­chend müss­te in Mor­ta­li­täts­sta­tis­ti­ken, wie es auch die Arbeits­ge­mein­schaft Deutsch­spra­chi­ger Schlag­an­fall­re­gis­ter (ADSR) in ihren „Qualitätsindikatoren/Kennzahlen 2021/2022/2023 (Stand 22.05.2023)“ emp­fiehlt, zwi­schen „Todes­fäl­len bei Pati­en­ten mit Hirn­in­farkt“ und „Todes­fäl­len bei Pati­en­ten mit Hirn­in­farkt (exkl. Pati­en­ten mit pal­lia­ti­ver Ziel­set­zung)“ unter­schie­den wer­den. Das hat die Regie­rungs­kom­mis­si­on nicht getan.

Wenn die Schlaganfallpatient*innen, die nicht in Stro­ke Units behan­delt wer­den, wie aus not­ärzt­li­cher und Ret­tungs­dienst­er­fah­rung zu ver­mu­ten, weit über­wie­gend „Pati­en­ten mit pal­lia­ti­ver Ziel­set­zung“ sind, dann über­schätzt die Kom­mis­si­on das „Poten­ti­al ver­mie­de­ner Ein­jah­res­sterb­lich­keit“ um ein Viel­fa­ches.

Die in der Ein­lei­tung ange­spro­che­ne Stu­die von Eri­ka Raab macht auf einen wei­te­ren Feh­ler der Bewer­tung der Regie­rungs­kom­mis­si­on auf­merk­sam (Stu­die, S. 75 ff.): Es wird nicht zwi­schen Patient*innen und Fäl­len unter­schie­den (ein*e Patient*in gene­riert bei mehr­fa­chen Kran­ken­haus­auf­nah­men meh­re­re Fäl­le). Außer­dem gibt es gra­vie­ren­de Wider­sprü­che zu den Ster­be­zah­len des sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes. Raab kommt zu dem Schluss: „Tat­säch­lich resul­tie­ren aus den 4.969 ver­meid­ba­ren Todes­fäl­len in der Poten­ti­al­ana­ly­se der Regie­rungs­kom­mis­si­on auf den Men­schen ledig­lich 1.468 „ver­meid­ba­re“ Todes­fäl­le!“ (Stu­die, S. 96)

Fall­bei­spiel 3: Endo­pro­the­tik (künst­li­cher Gelenk­er­satz)

Die Regie­rungs­kom­mis­si­on zieht fol­gen­des Fazit:

„Poten­zi­al der Kon­zen­tra­ti­on der Endo­pro­the­tik- Ver­sor­gung (künst­li­cher Gelenk­er­satz)

Wie Tabel­le 10 zu ent­neh­men ist, kön­nen durch eine Kon­zen­tra­ti­on der Endo­pro­the­tik-Ver­sor­gung rele­van­te Qua­li­täts­ver­bes­se­run­gen, gemes­sen an ver­meid­ba­ren Revi­si­ons­ein­grif­fen inner­halb des ers­ten Jah­res und einer deut­li­chen Reduk­ti­on der Kran­ken­haus­sterb­lich­keit, erreicht wer­den. Bei der Inter­pre­ta­ti­on ist zu beach­ten, dass ein töd­li­cher Aus­gang bei einer geplan­ten, elek­ti­ven Ope­ra­ti­on eine schwer­wie­gen­de Kom­pli­ka­ti­on ist. Die Ver­mei­dung von über 150 Kran­ken­haus­ster­be­fäl­len pro Jahr wäre für eine geplan­te Ope­ra­ti­on am Bein eine hoch­re­le­van­te Ver­bes­se­rung der Ver­sor­gungs­qua­li­tät.“

Die Kom­mis­si­on stützt sich u.a. auf das Endo­pro­the­sen­re­gis­ter Deutsch­land (EPRD): „Für die pri­mä­re Knie- und Hüft-TEP basiert die zugrun­de lie­gen­de Stu­di­en­evi­denz auf bun­des­wei­ten Daten des Endo­pro­the­sen­re­gis­ters Deutsch­land (EPRD) der Jah­re 2012 bis 2019.“(S. 26)

Dem EPRD-Jah­res­be­richt 2022[8] ist zu ent­neh­men, dass das Endo­pro­the­sen­re­gis­ter nicht nur geplan­te, also ortho­pä­di­sche Ein­grif­fe auf­führt, son­dern auch unfall­chir­ur­gi­sche Ein­grif­fe: „Das EPRD erfasst neben geplan­ten Ein­grif­fen auch Not­fall­ein­grif­fe zur Ver­sor­gung hüft­ge­lenk­na­her Femur­frak­tu­ren. Wäh­rend bei geplan­ten bzw. elek­ti­ven Ein­grif­fen im Regel­fall eine Total­en­do­pro­the­se ein­ge­setzt wird, kom­men bei unfall­chir­ur­gi­schen Ein­grif­fen bei älte­ren Patient:innen häu­fi­ger Tei­len­do­pro­the­sen zum Ein­satz.“ (EPRD-Jah­res­be­richt 2022, S. 46)

Den Mor­ta­li­täts­sta­tis­ti­ken der „Initia­ti­ve Qua­li­täts­me­di­zin“ (IQM) lässt sich ent­neh­men, dass es in ihren etwa 500 Mit­glieds­kran­ken­häu­sern im Jahr 2022 bei ortho­pä­di­scher Erst­im­plan­ta­ti­on eines Hüft­ge­lenks zu 84 Todes­fäl­len bei 58.846 Ope­ra­tio­nen kam (0,14%). Beim unfall­chir­ur­gi­schen Hüft­ge­lenks­er­satz (Erst­im­plan­ta­ti­on bei hüft­ge­lenks­na­hen Frak­tu­ren) kam es hin­ge­gen zu 1.278 Todes­fäl­len bei 22.320 Ein­grif­fen (5,7%). Die Sterb­lich­keits­ra­te bei unfall­chir­ur­gi­schen Ein­grif­fen war also etwa 40-mal so hoch wie bei ortho­pä­di­schen Ein­grif­fen. Die Sterb­lich­keit bei „Hüft- oder Knie­ge­lenks­ersatz bei Tumor­er­kran­kung“ lag bei 6,9% (163 von 2.369).

Wer die Mor­ta­li­tät und das Aus­maß von Kom­pli­ka­tio­nen beim Hüft- und Knie­ge­lenks­ersatz beur­tei­len möch­te, müss­te min­des­tens zwi­schen geplan­ten ortho­pä­di­schen Ein­grif­fen, unfall­chir­ur­gi­schen Not­fall­ein­grif­fen und tumor­be­ding­ten Ein­grif­fen unter­schei­den.

Die IQM-Daten zei­gen, dass unfall­chir­ur­gi­sche Ein­grif­fe erfreu­li­cher­wei­se deut­lich sel­te­ner erfor­der­lich sind als ortho­pä­di­sche Ein­grif­fe. Dadurch wird aber ein Ver­gleich anhand von Fall­zah­len ten­den­zi­ell zum Ver­gleich zwi­schen eher ortho­pä­disch aus­ge­rich­te­ten Klin­ken (mit hohen Fall­zah­len und sehr gerin­ger Sterb­lich­keit) und eher unfall­chir­ur­gisch aus­ge­rich­te­ten Kli­ni­ken (mit nied­ri­ge­ren Fall­zah­len und deut­lich höhe­rer Sterb­lich­keit). Die Schluss­fol­ge­run­gen, die die Kom­mis­si­on zieht, sind dar­aus nicht abzu­lei­ten.

Zusam­men­fas­send kann man fest­stel­len, dass die „rei­ne“ Wis­sen­schaft, die Lau­ter­bach mit der Bil­dung der Kom­mis­si­on in die Poli­tik ein­füh­ren woll­te, gar nicht so „rein“ ist. Mit die­ser Stel­lung­nah­me lie­fert die Kom­mis­si­on wis­sen­schaft­lich unred­li­che Muni­ti­on für den lau­fen­den „kal­ten Struk­tur­wan­del“ durch Insol­ven­zen und die Poli­tik der Schlie­ßung klei­ner Kran­ken­häu­ser. Sie bestä­tigt damit wie­der ein­mal, was mit der mehr­heit­li­chen per­so­nel­len Beset­zung der Kom­mis­si­on bereits von Anfang an klar war: Das Ziel vie­ler Mit­glie­der der Kom­mis­si­on war es nie, eine sach­ge­rech­te, wis­sen­schaft­lich begrün­de­te Poli­tik­be­ra­tung zu machen, son­dern dem Ziel der Durch­set­zung einer neo­li­be­ra­len Markt­ord­nung im Kran­ken­haus­we­sen zu die­nen.

(11.08.2023

[1] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krankenhausreform/5_Stellungnahme_Potenzialanalyse_bf_Version_1.1.pdf

[2] Eri­ka Raab: „Wenn die Wahr­heit zwei Sei­ten hat. Kri­ti­sche Wür­di­gung der Ana­ly­se der Regie­rungs­kom­mis­si­on zur Ver­bes­se­rung von Qua­li­tät und Sicher­heit der Gesund­heits­ver­sor­gung – Poten­ti­al­ana­ly­se anhand exem­pla­ri­scher Erkran­kun­gen, 2023, in: https://www.medizincontroller.de/dokumente/info/Interessante_Veroeffentlichungen/Gutachten_zur_Potentialanalyse_der_Regierungskommission_Raab_2023.pdf

[3] https://innovationsfonds.g‑ba.de/beschluesse/wizen-wirksamkeit-der-versorgung-in-onkologischen-zentren.111

[4] Ver­tie­fend: Eri­ka Raab: „Wenn die Wahr­heit zwei Sei­ten hat“, a.a.O., S. 31 ff.

[5] https://innovationsfonds.g‑ba.de/beschluesse/quasch-ergebnisse-qualitaetsgesicherter-schlaganfallversorgung-hessen-im-vergleich-zum-uebrigen-bundesgebiet.62

[6] https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=0&bes_id=4300&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=344704

[7] https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/20130725_krankenhausplan_nrw_2015.pdf

[8] https://www.eprd.de/fileadmin/user_upload/Dateien/Publikationen/Berichte/Jahresbericht2022-Status5_2022-10–25_F.pdf



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