Ärzt­li­che Unter­stüt­zung für eine ver­bind­li­che Per­so­nal­be­set­zung am Uni­kli­ni­kum Gie­ßen Mar­burg

 

Wir Ärz­tin­nen und Ärz­te sowie Medi­zin­stu­die­ren­de wis­sen schon lan­ge aus eige­ner Erfah­rung, wie die aktu­el­le Per­so­nal­be­set­zung bei den Kran­ken­haus­be­schäf­tig­ten eine an den Bedürf­nis­sen der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten ori­en­tier­te und pfle­ge­risch und medi­zi­nisch anspruchs­vol­le Ver­sor­gung erschwert, manch­mal unmög­lich macht und dass sie in Ein­zel­fäl­len Leben gefähr­den kann.

 

Den Man­gel an Pfle­ge­fach­kräf­ten und sei­ne Fol­gen erle­ben wir jeden Tag: Über­las­te­te Pfle­ge­fach­kräf­te, eine ange­spann­te Arbeits­at­mo­sphä­re, erschwer­te Team­ar­beit und eine anstei­gen­de Quo­te krank­heits­be­ding­ter Aus­fäl­le auf­grund der Arbeits­be­din­gun­gen. Kran­ken­haus ist Team­ar­beit. Alle Beschäf­tig­ten erbrin­gen ihren Bei­trag zu einer bedarfs­ge­rech­ten Pati­en­ten­ver­sor­gung. Ohne Rei­ni­gung, Küche, Spei­se­ver­sor­gung, Logis­ti­ker, Kita, Zen­tral­ste­ri­li­sa­ti­on und IT u.v.a. funk­tio­niert kein Kran­ken­haus. Des­halb sind auch die nicht-pfle­ge­ri­schen Berei­che Teil der Ent­las­tung­be­we­gung am UKGM.

 

 

Mit dem dra­ma­ti­schen Per­so­nal­man­gel in der Pfle­ge, aber auch in nicht pfle­ge­ri­schen Berei­chen ver­schlech­tern sich auch die ärzt­li­chen Arbeits­be­din­gun­gen – vor allem aber ist eine qua­li­ta­tiv gute medi­zi­ni­sche und pfle­ge­ri­sche Ver­sor­gung der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten bedroht. Seit Jah­ren kom­men die Län­der ihrer Ver­pflich­tung zur Finan­zie­rung der Inves­ti­tio­nen in die Infra­struk­tur der Kran­ken­häu­ser nicht nach – auch nicht das Land Hes­sen.

 

 

Vor dem Hin­ter­grund und in Kom­bi­na­ti­on mit die­ser Unter­fi­nan­zie­rung hat das Finan­zie­rungs­sys­tem der Fall­pau­scha­len durch Stei­ge­rung der Fall­zah­len bei gleich­zei­tig sin­ken­der Stel­len­zahl zu Arbeits­ver­dich­tung beson­ders in der sta­tio­nä­ren Pfle­ge geführt. Das Kon­kur­rie­ren um die „kos­ten­ef­fi­zi­en­tes­ten Behand­lun­gen“ hat über vie­le Jah­re immer wie­der zu Schlie­ßun­gen von Abtei­lun­gen und Berei­chen in ande­ren Kli­ni­ken der Regi­on Mit­tel­hes­sen geführt, und somit dazu bei­getra­gen, dass die Fall­zah­len am UKGM mas­siv gestie­gen sind.

 

 

Das vor­zei­ti­ge Aus­schei­den vie­ler Pfle­ge­kräf­te aus dem Berufs­le­ben und ihre beruf­li­che Umori­en­tie­rung kon­ter­ka­rie­ren dar­über hin­aus Initia­ti­ven, die auf ver­stärk­te Aus­bil­dungs­ka­pa­zi­tä­ten als Lösung des Fach­kräf­te­man­gels set­zen.

 

Bei einer Erhö­hung von sechs auf sie­ben zu ver­sor­gen­de Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten pro Schicht und Pfle­ge­fach­kraft steigt die Mor­ta­li­tät um sie­ben Pro­zent (1). Deutsch­land hat mit durch­schnitt­lich 13 Patient*innen pro Schicht und Pfle­ge­fach­kraft im euro­päi­schen Ver­gleich eine der schlech­tes­ten Per­so­nal­quo­ten (2).

 

Ver­bind­li­che und bedarfs­ge­rech­te Per­so­nal­be­set­zun­gen kön­nen die­sem Trend ent­ge­gen­wir­ken. Mit die­ser Per­spek­ti­ve wur­de bereits 2015 an der Cha­ri­té ein viel beach­te­ter Tarif­ver­trag durch Streik erwirkt. Kon­kre­ter wer­den die Ent­las­tungs-Tarif­ver­trä­ge, die in den letz­ten Jah­ren an 23 Kran­ken­häu­sern in Deutsch­land abge­schlos­sen wur­den, da sie bei Nicht­ein­hal­ten der Pfle­ge­fach­kraft / Patient*innenquote einen fest ver­ein­bar­ten Frei­zeit­aus­gleich vor­se­hen.

 

Eine aktu­el­le Stu­die der Arbeit­neh­mer­kam­mer Bre­men, der Arbeits­kam­mer im Saar­land und des Insti­tuts Arbeit und Tech­nik (IAT), West­fä­li­sche Hoch­schu­le in Gel­sen­kir­chen, zeigt auf, dass vie­le Pfle­ge­fach­kräf­te, die auf­grund von Über­las­tung Kran­ken­häu­sern den Rücken gekehrt haben und sich bei ver­bes­ser­ten Arbeits­be­din­gun­gen eine Rück­kehr in den Beruf vor­stel­len kön­nen (3). Damit wür­de sich das von den Per­so­nal­ab­tei­lun­gen der Kran­ken­häu­ser häu­fig geäu­ßer­te Pro­blem der man­geln­den Zahl ver­füg­ba­rer Pfle­ge­fach­kräf­te grund­le­gend ver­klei­nern.

 

Die Akti­vi­tä­ten der Beschäf­tig­ten am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Gie­ßen und Mar­burg hin­sicht­lich eines sub­stan­zi­el­len Schritts zu ver­bind­li­chen Per­so­nal­be­set­zungs­re­geln kön­nen wir des­halb nur begrü­ßen.

 

 

Wir rufen alle Ärz­tin­nen, Ärz­te und Medi­zin­stu­die­ren­den dazu auf, sich auch im All­tag auf den Sta­tio­nen für eine Ver­bes­se­rung der Arbeits­be­din­gun­gen mit den nicht-ärzt­li­chen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen soli­da­risch zu zei­gen und damit auch das ärzt­li­che Inter­es­se an einer inter­pro­fes­sio­nel­len Zusam­men­ar­beit im Kran­ken­haus­all­tag zu demons­trie­ren.



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