Pres­se­mit­tei­lung zur Aus­set­zung der Pfle­ge­per­so­nal­un­ter­gren­zen wegen Coro­na

Denn: Nie ist das Gefähr­dungs­ri­si­ko und des­halb das Ein­hal­ten von Sicher­heits­be­stim­mun­gen so wich­tig wie in einer Stress­si­tua­ti­on. Im Kran­ken­haus bedeu­tet das: Falls es tat­säch­lich im Zuge einer Coro­na­vi­rus-Epi­de­mie zu einer sprung­haf­ten Zunah­me sta­tio­när behand­lungs­be­dürf­ti­ger Patient*innen und dabei zu einer Über­las­tungs­si­tua­ti­on in den Kran­ken­häu­sern kom­men soll­te, müs­sen Prio­ri­tä­ten gesetzt wer­den.

Jens Spahn sagt sehr rich­tig: „Die Kran­ken­häu­ser müs­sen bei der Per­so­nal­pla­nung fle­xi­bel auf die Aus­brei­tung des Coro­na­vi­rus reagie­ren kön­nen.“ Jedoch kann dies aus Sicht des vdää nicht bedeu­ten, dass Sicher­heits­stan­dards unter­lau­fen wer­den, wie Jens Spahn wei­ter ver­laut­ba­ren lässt: „Des­halb ent­las­ten wir sie in die­ser Lage bis auf wei­te­res von Doku­men­ta­ti­ons­auf­wand und Auf­la­gen in der Pfle­ge.“

Lei­der das Ent­schei­den­de falsch ver­stan­den, Herr Spahn!

Wer jetzt die Min­dest­be­set­zungs­re­geln in der Pfle­ge vom Tisch wischt, ris­kiert, dass das Kran­ken­haus wie eine Fabrik auf höchs­ten Tou­ren wei­ter­läuft, das Per­so­nal im Fal­le einer star­ken Zunah­me der Patient*innenzahlen über­las­tet und die Sicher­heit der Patient*innen in den Kran­ken­häu­sern ohne Not gefähr­det wird, etwa indem Min­dest­zei­ten bei der Hän­de­hy­gie­ne auf­grund Per­so­nal­man­gels nicht ein­ge­hal­ten wer­den kön­nen.

Die rich­ti­ge Reak­ti­on wäre aus unse­rer Sicht: Behand­lun­gen und Wahl­ein­grif­fe ohne aku­te Dring­lich­keit auf einen spä­te­ren Zeit­punkt zu ver­schie­ben, um sich auf die – res­sour­cen­in­ten­si­ve – Ver­sor­gung von ver­meint­lich und tat­säch­lich infek­tiö­sen Notfallpatient*innen kon­zen­trie­ren zu kön­nen.

„Die erst­bes­te Gele­gen­heit zu nut­zen, um die für die Vertreter*innen der Kran­ken­haus­öko­no­mi­sie­rung unge­lieb­ten Pfle­ge­per­so­nal­un­ter­gren­zen aus­zu­set­zen, ist kein Kri­sen­ma­nage­ment, son­dern ein bil­li­ger Taschen­spie­ler­trick“, so Dr. Tho­mas Kun­kel, Kran­ken­haus­arzt und Ko-Vor­sit­zen­der des vdää. „Bereits im Nor­mal­be­trieb führt die mas­si­ve Arbeits­ver­dich­tung durch Stei­ge­rung der Fall­zah­len bei immer kür­ze­ren Lie­ge­dau­ern zu inak­zep­ta­blen Belas­tun­gen der Krankenhausmitarbeiter*innen. Die 2019 ein­ge­führ­ten Per­so­nal­un­ter­gren­zen lie­gen immer noch unter der für das Per­so­nal ver­träg­li­chen Schmerz­gren­ze (2) und haben – unge­ach­tet der jet­zi­gen Dis­kus­si­on – das Poten­ti­al, die Miss­stän­de zu zemen­tie­ren, wenn die Unter­gren­ze von den Geschäfts­füh­run­gen als neu­er Stan­dard gesetzt wird. Die­se pre­kä­re Situa­ti­on zu ver­schär­fen, um trotz Influ­en­za- und Coro­na-Virus Aus­bruch wei­ter­hin Pro­fi­te machen zu kön­nen, ist medi­zi­nisch unver­ant­wort­lich gegen­über den Patient*innen und unse­ren Kolleg*innen in Pfle­ge und ärzt­li­chem Dienst.“

Dr. Nad­ja Rako­witz (Pres­se­spre­che­rin)  

1) https://twitter.com/BMG_Bund/status/1235148339844435968; https://www.hcm-magazin.de/pflegepersonal-vorgaben-fuer-kliniken-ausgesetzt/150/27350/399578

2) https://www.dgni.de/presse/681-vorgabe-von-untergrenzen-ist-keine-geeignete-loesung-zur-entspannung-der-personalbelastung-in-der-pflege.html



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