Bericht über die Ver­an­stal­tung in Ham­burg am 21.03.2018

So war es in der alten Bun­des­re­pu­blik Kran­ken­häu­sern unter­sagt Gewin­ne zu erzie­len. Das wur­de im Zuge des neo­li­be­ra­len Wan­dels ins Gegen­teil ver­kehrt und Kran­ken­häu­ser wur­den zu einem Geschäfts­feld, um Gewin­ne zu erwirt­schaf­ten. In der Rück­schau ein tief­grei­fen­der Pro­zess von Pri­va­ti­sie­rung, der zu erheb­li­chen und umfas­sen­den Ver­än­de­run­gen geführt hat. Die Fol­gen sind weit­rei­chend und haben sowohl die Ver­sor­gung als auch die Arbeits­be­din­gun­gen ver­schlech­tert. Dazu sei hier auf die Fak­ten und Argu­men­ten­samm­lung (als Bro­schü­re oder frei im Netz als PDF zugäng­lich) Kran­ken­haus statt Fabrik hin­ge­wie­sen vom gleich­na­mi­gen Bünd­nis erstellt unter Mit­ar­beit des vdää.

Deniz Celik, Fach­spre­cher für Gesund­heit der Bür­ger­schafts­frak­ti­on DIE LINKE, hielt einen Vor­trag zur Pri­va­ti­sie­rung des Lan­des­be­triebs Kran­ken­häu­ser (LBK) trotz gegen­tei­li­gen Volks­ent­schei­des und über Per­spek­ti­ven einer Rekom­mu­na­li­sie­rung. Es war ein Schlag gegen die demo­kra­ti­sche Betei­li­gung der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger Ham­burgs, als die von der SPD ein­ge­lei­te­te Pri­va­ti­sie­rung des LBK schließ­lich von der CDU trotz kla­ren gegen­tei­li­gen Votums voll­endet wur­de. Die Ver­hand­lun­gen und Ver­trä­ge wur­den im Gehei­men geführt und sind bis heu­te nicht offen. Finan­zi­ell bewahr­hei­te­ten sich die öffent­lich geäu­ßer­ten Erwar­tun­gen für die Stadt nicht und Askle­pi­os pro­fi­tiert bis heu­te erheb­lich davon. So hat Askle­pi­os bei­spiels­wei­se 60 Jah­re lang kei­ne Pacht oder Mie­te zu zah­len. Die Kran­ken­häu­ser von Askle­pi­os, des ehe­ma­li­gen LBK, haben die gerings­ten Zufrie­den­heits­wer­te unter den Pati­en­ten und Pati­en­tin­nen in Ham­burg. Es sei an den Brand­brief der Ärz­te und Ärz­tin­nen des Askle­pi­os Kran­ken­hau­ses St Geor­ge von 2016 erin­nert und an die deut­li­chen nega­ti­ven Wor­te von Herrn Mont­go­me­ry gegen­über Askle­pi­os. Auch wenn alle Kran­ken­häu­ser den glei­chen Struk­tu­ren unter­wor­fen sind, so ist doch deut­lich, dass die pri­va­ten immer die Spit­ze der nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen der Öko­no­mi­sie­rung dar­stel­len. Wäre der ehe­ma­li­ge LBK im Besitz des Sena­tes, so wären die Zustän­de dort sicher ein Poli­ti­kum. Der Vor­trag war infor­ma­tiv und stich­hal­tig.

Mei­ke Saer­beck, Spre­che­rin des Ham­bur­ger Bünd­nis Für mehr Per­so­nal im Kran­ken­haus, hielt einen Vor­trag zum Kampf der Pfle­ge­kräf­te für eine gute Gesund­heits­ver­sor­gung und über das Volks­be­geh­ren gegen den Pfle­ge­not­stand, das am 8. März unter dem Namen “Ham­bur­ger Volks­ent­scheid gegen Pfle­ge­not­stand im Kran­ken­haus“ gestar­tet wur­de. Sie berich­te­te über den Abbau von etwa 47.000 Stel­len zwi­schen 1996 und 2009 in der Pfle­ge, wäh­rend gleich­zei­tig mehr Ärz­tin­nen und Ärz­te ein­ge­stellt wur­den und die Fall­zah­len erheb­lich stie­gen. Sie berich­te­te über die Leis­tungs­ver­dich­tung und den immensen Arbeits­druck. Seit eini­gen Jah­ren regt sich jedoch Wider­stand. Eine Vor­rei­te­rin­nen­rol­le über­nahm die Beleg­schaft der Ber­li­ner Cha­ri­té, aber auch in zahl­rei­chen ande­ren Kli­ni­ken kam es im zwei­ten Halb­jahr 2017 zu Streiks gegen die Arbeits­be­din­gun­gen. Um die­se Arbeits­be­din­gun­gen zu ändern, gibt es die Initia­ti­ve für das Volks­be­geh­ren, das durch den vdää durch Teil­nah­me am Bünd­nis und auch aktiv durch das Sam­meln von Unter­schrif­ten unter­stützt wird. In Ber­lin gibt es ein gleich­sin­ni­ges Bünd­nis für mehr Per­so­nal im Kran­ken­haus und gegen Pfle­ge­not, auch dort ist ein Volks­ent­scheid initi­iert wor­den.

Die Dis­kus­si­on war sehr kon­zen­triert und spie­gelt das mitt­ler­wei­le weit ver­brei­te­te Wis­sen um die­se Din­ge. Im Publi­kum gab es eine Einig­keit dar­über, dass in den Kran­ken­häu­sern kei­ne Gewin­ne erwirt­schaf­tet wer­den soll­ten und eine bedarfs­ge­rech­te Pfle­ge finan­ziert wer­den muss. Die Arbeits­be­din­gun­gen müs­sen drin­gend ver­bes­sert wer­den. Wei­ter­hin wäre es bes­ser, den Kran­ken­häu­sern mehr gesell­schaft­li­chen Ein­fluss und Par­ti­zi­pa­ti­on zu gewäh­ren. Es wur­de betont: Auch wenn Askle­pi­os in Ham­burg der­zeit kei­ne Gewin­ne abschöp­fe, son­dern Über­schüs­se reinves­tiert, führt das zu einer Wert­stei­ge­rung und könn­te bei­spiels­wei­se bei einem Bör­sen­gang in bare Mün­ze umge­setzt wer­den. In Wirt­schafts­spra­che wird davon gespro­che­nen, dass die Braut geschmückt wird.

Wenig bei­spiel­ge­bend kann das fast kom­plett durch­öko­no­mi­sier­te Gesund­heits­we­sen der USA sein, bei des­sen Bewer­tung zum einen der Aus­schluss Mil­lio­nen von Men­schen aus der Ver­sor­gung bedacht wer­den muss, sowie der inef­fi­zi­en­te Ein­satz von medi­zi­ni­schen Res­sour­cen. Auf Nach­fra­ge wur­de her­aus­ge­stellt, dass DRGs zwar in ver­schie­de­nen Län­dern genutzt wer­den, jedoch nur in Deutsch­land sind die­se die nahe­zu allei­ni­ge Grund­la­ge der Finan­zie­rung der Kran­ken­häu­ser. Dar­an anknüp­fend wur­de dar­über dis­ku­tiert, ob Per­so­nal­be­mes­sungs­grund­la­gen gegen euro­päi­sches Wett­be­werbs­recht ver­sto­ßen könn­ten. Sicher ist: Wenn ein Bereich allein zum geschäf­ti­gen gewor­den ist, gilt auch Geschäfts­recht. So könn­ten auch die Gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen in ihrem Bestand gefähr­det sein, soll­ten die­se sich wie ande­re pri­va­te Unter­neh­men ver­hal­ten und sich vom Soli­dar­prin­zip ver­ab­schie­den und nach Gewin­nen stre­ben. Ein wei­te­res noch in der juris­ti­schen Klä­rung befind­li­ches Bei­spiel, ist die finan­zi­el­le Unter­stüt­zung der Stadt Calw für das kom­mu­na­le Kran­ken­haus. Dage­gen hat der Ver­band der Pri­va­ten Kran­ken­haus­trä­ger geklagt und zwei­mal ver­lo­ren. Ein Urteil vom Euro­päi­schen Gerichts­hof gibt es noch nicht.

Es wur­de noch­mals auf den mas­si­ven Abbau von Pfle­ge­kräf­ten ein­ge­gan­gen. Ein Teil der Ein­nah­men der Kran­ken­häu­ser wur­de und wird nicht für Per­so­nal aus­ge­ge­ben son­dern für Inves­ti­tio­nen. So wur­den aus Per­so­nal­stel­len Bau­stel­len. Auf die Fra­ge, wo denn das Pfle­ge­per­so­nal her­kom­men soll, das gefor­dert wird, gab es gute Ant­wor­ten. Ange­nom­men es gäbe akzep­ta­ble Arbeits­be­din­gun­gen, so Mei­ke Saer­beck, wür­den sicher zahl­rei­che Pfle­ge­kräf­te von Teil­zeit­ar­beit in Voll­zeit­ar­beit zurück­keh­ren und vie­le, die in ande­re Berufs­fel­der wech­sel­ten, wür­den wie­der zurück­keh­ren. Die durch­schnitt­li­che Ver­weil­dau­er in der Pfle­ge betra­ge schließ­lich nur sie­ben Jah­re. Nicht zuletzt wäre die Abbruch­quo­te in der Aus­bil­dung mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit nicht mehr so immens hoch. Die Stadt Ham­burg muss­te im Rah­men der Pri­va­ti­sie­rung des LBK ca. 1.700 Pfle­gen­de über­neh­men, die auch bei ent­spre­chen­den Arbeits­be­din­gun­gen wie­der in die Pfle­ge zurück­keh­ren wür­den, wenn auch viel­leicht in der Zahl etwas redu­ziert. Bei einem zusätz­li­chen Bedarf von etwa 4.000 Pfle­gen­den wäre das schon eine gewich­ti­ge Zahl.

Der vdää Ham­burg freut sich über die gelun­ge­ne Ver­an­stal­tung und hofft auch in Zukunft durch ähn­li­che Ver­an­stal­tun­gen, die sich an alle Inter­es­sier­ten wen­den, prak­tisch wir­ken zu kön­nen.

Kai-Uwe Hel­mers



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