Pres­se­mit­tei­lung vom 11.4. 2024: vdää* unter­stützt For­de­rung nach IGeL- Ver­bot

Vdää* unter­stützt For­de­rung nach IGeL-Ver­bot

Der Ver­ein demo­kra­ti­scher Ärzt*innen (vdää*) unter­stützt die For­de­rung des Pati­en­ten­be­auf­trag­ten der Bun­des­re­gie­rung, Ste­fan Schwart­ze, Kassenärzt*innen das Erbrin­gen medi­zi­ni­scher Leis­tun­gen zu ver­bie­ten, die nach dem Stand der Wis­sen­schaft mehr scha­den als nut­zen. Kon­kret bezog sich Schwart­ze auf soge­nann­te Indi­vi­du­el­le Gesund­heits­leis­tun­gen (IGeL) wie zum Bei­spiel die „Ultra­schall­un­ter­su­chung zur Krebs­früh­erken­nung der Eier­stö­cke und der Gebär­mut­ter – eine der am meis­ten ver­kauf­ten Leis­tun­gen.“ (1) 

Die­se Leis­tung wur­de schon vom „IGeL-Rat­ge­ber“ der Bun­des­ärz­te­kam­mer (BÄK) und der Kas­sen­ärzt­li­chen Bun­des­ver­ei­ni­gung (KBV) im Jahr 2012 so cha­rak­te­ri­siert: „Es gibt auch Selbst­zah­ler-Leis­tun­gen, die Pati­en­tin­nen oder Pati­en­ten einem Risi­ko aus­set­zen, obwohl sie nach­weis­lich kei­nen Nut­zen haben. Dies gilt für eini­ge Ange­bo­te der Krank­heits­früh­erken­nung, so z.B. für die Früh­erken­nung von Eier­stock­krebs durch eine trans­va­gi­na­le Ultra­schall­un­ter­su­chung.“ (2) Auch der IGeL-Moni­tor bewer­tet die­se Leis­tung auf Grund­la­ge der ver­füg­ba­ren Evi­denz als „nega­tiv“. (3)

Wir wie­der­ho­len unser Argu­ment aus der vdää-Pres­se­mit­tei­lung von 2012 (4): „Der vdää kann das Anlie­gen des BÄK-KBV-Rat­ge­bers, ‚die Dis­kus­si­on zu ver­sach­li­chen, die Argu­men­te zu dif­fe­ren­zie­ren und offen, aus­ge­wo­gen zu infor­mie­ren‘, des­halb nur bedingt tei­len. Kla­re Regeln für Gesprä­che über Leis­tun­gen, für die es kei­ne Evi­denz gibt, sind nutz­los, weil die­se Leis­tun­gen gar nicht erbracht wer­den soll­ten. Eine kla­re Regel für ein sol­ches Gespräch kann nach unse­rem Medi­zin­ver­ständ­nis allen­falls dar­in bestehen, den Patient*innen davon abzu­ra­ten und die Leis­tung ent­spre­chend nicht zu erbrin­gen. Genau die­sen Rat fin­det man aber lei­der nir­gends in dem Rat­ge­ber. Der Arzt wür­de dann aller­dings mit sei­ner ande­ren Rol­le als Kauf­mann in Kon­flikt gera­ten.“

Schluss­fol­ge­rung des vdää*war damals und ist heu­te: Wir tre­ten für ein voll­stän­di­ges Ver­bot von dia­gnos­ti­schen und the­ra­peu­ti­schen IGeL in der Kas­sen­pra­xis ein. Es muss Schluss sein mit der Ver­un­si­che­rung der Patient*innen. Micha­el Jan­ßen, All­ge­mein­me­di­zi­ner und Mit­glied des erwei­ter­ten Vor­stands des vdää for­dert: „Medi­zi­nisch sinn­vol­le Leis­tun­gen gehö­ren in den Leis­tungs­ka­ta­log der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung, alle ande­ren Leis­tun­gen soll­ten, da medi­zi­nisch nicht sinn­voll, nicht von Ärzt*innen mit Kas­sen­zu­las­sung erbracht wer­den dür­fen. Dafür soll­ten sich die medi­zi­ni­schen Fach­ge­sell­schaf­ten stark machen.“ 

Was macht aber der Berufs­ver­band der Frau­en­ärz­te (BVF)? Er argu­men­tiert, es hand­le  sich bei die­ser Selbst­zah­ler­leis­tung um „eine umfas­sen­de Ultra­schall-Unter­su­chung des klei­nen Beckens. Die­se schließt die Gebär­mut­ter, Eilei­ter, Eier­stö­cke, Harn­bla­se und die Zwi­schen­räu­me zwi­schen Harn­bla­se, Vagi­na und Darm bis zum Becken­bo­den ein“. Und die­se sei vor­teil­haft „in Ergän­zung zur regu­lä­ren gynä­ko­lo­gi­schen Vor­sor­ge­un­ter­su­chung … ins­be­son­de­re bei Frau­en, bei denen eine Tast­un­ter­su­chung auf­grund kör­per­li­cher Dis­po­si­ti­on schwie­rig ist“. (5) Sei­ne Posi­ti­on prä­sen­tiert der BVF als Bei­trag zur Selbst­be­stim­mung der Frau­en, der gegen­über „eine Ver­bots­kul­tur … einen Rück­schritt“ (6) bedeu­ten wür­de.

Dazu Karen Span­nen­krebs, eben­falls Co-Vor­sit­zen­de des vdää*: „Das ver­meint­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht der Frau vor­zu­schie­ben, um die­se medi­zi­nisch schäd­li­chen Leis­tun­gen zu ver­kau­fen, ist unver­schämt. Wenn der BVF, im Wider­spruch zum IGeL-Moni­tor, von der medi­zi­ni­schen Sinn­haf­tig­keit die­ser Ultra­schall­un­ter­su­chung über­zeugt ist, soll­te er die Auf­nah­me in den Leis­tungs­ka­ta­log der GKV for­dern. Andern­falls erregt er den Ver­dacht, dass es hier nicht um einen gesund­heit­li­chen Zuge­winn für Frau­en geht, son­dern um ein ein­träg­li­ches Geschäft mit der Angst.

 

Dr. Nad­ja Rako­witz, Pres­se­spre­che­rin

(1) Pati­en­ten­be­auf­trag­ter im Inter­view. Ste­fan Schwart­ze: „Pati­en­tin­nen wer­den ohne Not in Angst und Schre­cken ver­setzt“, Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land vom 04.04.2024

(2) Bun­des­ärz­te­kam­mer (BÄK), Kas­sen­ärzt­li­che Bun­des­ver­ei­ni­gung (KBV) (Hrsg).: Selbst zah­len? Ein Rat­ge­ber zu Indi­vi­du­el­len Gesund­heits­leis­tun­gen (IGeL) für Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten sowie Ärz­tin­nen und Ärz­te, 2. ed. Ber­lin: ÄZQ, 2012. DOI 10.6101/azq/000079

(3) https://www.igel-monitor.de/igel-a‑z/igel/show/ultraschall-der-eierstoecke-zur-krebsfrueherkennung.html

(4) Pres­se­mit­tei­lung des vdää vom 14.11.2012: IGe­Leis­tun­gen in der Kas­sen­pra­xis

(5) Gynä­ko­lo­gen wei­sen For­de­rung nach IGeL-Ver­bot zurück, Ärz­te Zei­tung vom 04.04.2024

(6) Berufs­ver­band der Frau­en­ärz­te: Infor­mie­ren statt ver­bie­ten: IGeL-Ultra­schall-Bewer­tung vom Pati­en­ten­be­auf­trag­ten Ste­fan Schwart­ze, Fach­li­che Mel­dun­gen BVF vom 05.04.2024

 


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