Pres­se­mit­tei­lung vom 08.11.2024 zu Krank­schrei­bun­gen

Zu Teilzeit-Krankschreibung und tele­fo­ni­scher Krank­schrei­bung

Die stei­gen­de Zahl der Kran­ken­ta­ge in Deutsch­land führt zu nicht halt­ba­ren Vor­schlä­gen sei­tens der FDP und der Bun­des­ärz­te­kam­mer (BÄK). Die Vor­schlä­ge der BÄK zur Teilzeit-AU (Arbeits-Unfähigkeit)  und der FDP-Vorstoß zur Abschaf­fung der tele­fo­nisch aus­zu­lö­sen­den Krank­schrei­bung sug­ge­rie­ren, dass in Deutsch­land die Arbeitnehmer*innen leicht­fer­tig “krank machen” und Ärzt*innen leicht­fer­tig Arbeits­un­fä­hig­keit beschei­ni­gen. Des­halb müss­ten die Hür­den höher lie­gen und Kon­trol­len in den Arzt­pra­xen sei­en not­wen­dig.

An die­sen Behaup­tun­gen muss eini­ges gera­de gerückt wer­den, denn das Gegen­teil ist der Fall: Unter­su­chun­gen (1, 2) zei­gen die zuneh­men­de Ten­denz zum Prä­sen­tis­mus, also zum Arbei­ten trotz Krank­heit. Das hat ver­schie­de­ne Grün­de - unter ande­rem die Angst vor Ver­lust des Arbeits­plat­zes: “Statt die angeb­lich fau­len Arbeiter*innen und Ange­stell­ten zu maß­re­geln, soll­ten sich die BÄK und die FDP  für eine huma­ne, gesund­heits­er­hal­ten­de Arbeits­welt ein­set­zen”, so vdää*-Vorstandsmitglied Micha­el  Jan­ßen. Pre­kä­re Arbeits­ver­trä­ge und die Befürch­tung, den Kolleg*innen unter Per­so­nal­man­gel noch mehr Arbeit zu über­las­sen, füh­ren letzt­lich auch zu ver­schlepp­ten und dann chro­ni­schen Krank­hei­ten. Ein Anteil von 35% der Dia­gno­sen bei AU geht inzwi­schen auf die Krank­heits­ar­ten psy­chi­sche Stö­run­gen und Krank­hei­ten des Bewe­gungs­ap­pa­ra­tes zurück (3, 4). Hin­ge­gen sind Teilzeit-AU und tele­fo­ni­sche AU, wenn über­haupt, vor­wie­gend für nicht chro­ni­sche Krank­hei­ten geeig­net, wie z.B. aku­te Infek­tio­nen.

Im Übri­gen kann jede AU vom Arbeit­ge­ber durch den Medi­zi­ni­schen Dienst (MD) über­prüft wer­den, um Miss­brauch ein­zu­schrän­ken. Die AU nur für eini­ge Stun­den oder Tätig­kei­ten ist vom  Bun­des­ar­beits­ge­richt schon mehr­fach (Urt. 2.11.2016, Az. 10 AZR 59615, Rn. 31) als nicht recht­mä­ßig beur­teilt wor­den. Unklar bleibt, wie ohne grö­ße­ren Auf­wand die zumut­ba­re Stun­den­zahl und die (Un-)Fähigkeit für ein­zel­ne Tätig­kei­ten von ärzt­li­cher Sei­te fest­ge­stellt wer­den soll. “Wie soll ein Bau­ar­bei­ter nicht für 8 Stun­den außer­halb, aber für leich­te Büro­ar­beit für 4 Stun­den ein­ge­setzt wer­den?”, zwei­felt Dr. Nad­ja Rako­witz, Pres­se­spre­che­rin des vdää* die Umset­zung die­ses Vor­schlags an.

Es bleibt bei popu­lis­ti­schen Nebel­ker­zen, deren Umset­zung sicher nicht zur Reduk­ti­on der AU-Tage füh­ren wird, aber die Stim­mung ver­schlech­tert und den Druck auf  Arbeitnehmer*innen erhöht. Statt­des­sen braucht es aus der Erfah­rung des vdää* mehr  betrieb­li­che Gesund­heits­för­de­rung und weni­ger pre­kä­re Arbeits­ver­hält­nis­se.



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