Pres­se­mit­tei­lung vom 03.03.2024: Krieg ist kei­ne Lösung

Krieg ist kei­ne Lösung

vdää* zur Mili­ta­ri­sie­rung von Gesell­schaft und Gesund­heits­we­sen

Neben einer Ver­tei­di­gung der geplan­ten Kran­ken­haus­re­form kün­dig­te Minis­ter Lau­ter­bach im Inter­view mit der Neu­en Osna­brü­cker Zei­tung vom 2. März einen zusätz­li­chen Gesetz­ent­wurf an: Eine „Geset­zes­lü­cke“ soll ange­gan­gen wer­den, um „für einen Kata­stro­phen­fall oder sogar einen mili­tä­ri­schen Bünd­nis­fall (…) vor­be­rei­tet zu sein.“ Dafür fin­de ein Aus­tausch mit Spezialist*innen der Bun­des­wehr statt. Ana­log zu ande­ren Berei­chen der Gesell­schaft soll nun also auch das Gesund­heits­we­sen „kriegs­tüch­tig“ wer­den. Begrün­det wird dies von Lau­ter­bach vor allem mit Blick auf den Ukrai­ne­krieg.

Die­ser ent­wi­ckelt Dimen­sio­nen von Stel­lungs­krieg wie im 1. Welt­krieg: „Fleisch­wolf“ wur­de die Front bei Bach­mut genannt. Die Soldat*innen auf bei­den Sei­ten gehö­ren in der Regel zu den ärme­ren Bevöl­ke­rungs­schich­ten; ein­fa­che Lohn­ab­hän­gi­ge oder Arbeits­lo­se brin­gen sich gegen­sei­tig um. Das ist die bana­le und blu­ti­ge Wahr­heit des Krie­ges, der auch im Jahr 2024 noch genau­so grau­sam und töd­lich wie im letz­ten Jahr­hun­dert ist. Unab­hän­gig von Schuld­fra­gen und davon, wer ange­fan­gen hat, heißt Krieg für die Soldat*innen eben­so wie für die zivi­len Opfer Tod, Ver­stüm­me­lung, Trau­ma­ti­sie­rung und die Zer­stö­rung von Exis­tenz­grund­la­gen auf Jah­re.

Wir stel­len uns der wei­te­ren Mili­ta­ri­sie­rung des Gesund­heits­we­sens mit einem lau­ten Nein ent­ge­gen. Selbst­ver­ständ­lich ist es unse­re pro­fes­sio­nel­le Auf­ga­be als Ärzt*innen, Opfer mili­tä­ri­scher Kon­flik­te medi­zi­nisch bes­tens zu ver­sor­gen.

Poli­tisch ist es aber unse­re Auf­ga­be genau­so wie die der Kolleg*innen über­all in der Welt, immer wie­der auf die ver­hee­ren­den gesund­heit­li­chen sowie huma­ni­tä­ren Aus­wir­kun­gen von Krie­gen hin­zu­wei­sen und uns dafür ein­zu­set­zen, dass Krie­ge gar nicht geführt, eska­liert und aktu­el­le Krie­ge gestoppt wer­den. Statt das Gesund­heits­we­sen mit Bun­des­wehr­be­tei­li­gung auf einen Kriegs­ein­tritt vor­zu­be­rei­ten, set­zen wir uns wei­ter­hin dafür ein, das Gesund­heits­we­sen soli­da­ri­scher und bes­ser für Patient*innen und Beschäf­tig­te zu machen.

Das deut­sche Gesund­heits­we­sen wur­de über die ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­te bewusst har­ten öko­no­mi­schen Zwän­gen (Pri­va­ti­sie­run­gen, Fall­pau­scha­len, hoher Druck auf ambu­lan­te Ver­sor­gungs­struk­tu­ren, Kür­zun­gen im öffent­li­chen Gesund­heits­dienst usw.) unter­wor­fen. Wie zuletzt die Coro­na-Pan­de­mie offen­bar­te, füh­ren sol­che Kri­sen- sowie Kon­flikt­si­tua­tio­nen zu har­ten Belas­tun­gen der Beschäf­tig­ten sowie zu Ein­schnit­ten in der Ver­sor­gung von Patient*innen. Gelernt wur­de bis­lang aus der Coro­na-Pan­de­mie nichts, im Gegen­teil: Seit­dem hat sich die Situa­ti­on in den Kran­ken­häu­sern nicht gebes­sert, son­dern täg­lich wei­ter zuspitzt. Das gilt im Übri­gen auch für die unzu­rei­chen­de Ver­sor­gung von Geflüch­te­ten aus Kriegs- und Kri­sen­ge­bie­ten, vor allem in Hin­blick auf psy­chi­sche Erkran­kun­gen.

Die der­zei­ti­ge Haus­halts­po­li­tik mit sehr hohen Etats für die Mili­ta­ri­sie­rung zulas­ten der Daseins­vor­sor­ge lässt begrün­det anneh­men, dass sich dar­an erst­mal – trotz guter Absich­ten wie im Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen­rats 2023 aus­ge­führt – nichts sub­stan­ti­ell ändern wird.

„Die Fehl­ent­wick­lun­gen im deut­schen Gesund­heits­we­sen der letz­ten Jah­re erschwe­ren bereits heu­te für alle spür­bar die Ver­sor­gung der Men­schen hier­zu­lan­de. In die­ser Situa­ti­on und vor dem fis­kal­po­li­ti­schen Hin­ter­grund einer oliv­grü­nen Austeri­täts­po­li­tik und ent­spre­chend auf Mili­ta­ri­sie­rung aus­ge­rich­te­ten Reform­maß­nah­men im Gesund­heits­we­sen zu prio­ri­sie­ren, hal­ten wir für einen Irr­weg, der weder die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung noch die Arbeits­be­din­gun­gen der Beschäf­tig­ten nach­hal­tig stär­ken wird“, so Dr. Tho­mas Kun­kel, Co-Vor­sit­zen­der des vdää*.

Wir kri­ti­sie­ren den aktu­el­len Para­dig­men­wech­sel hin zu einer Nor­ma­li­sie­rung von Krieg und Mili­ta­ri­sie­rung, in der Auf­rüs­tung, und „Kriegs­tüch­tig­keit“ unhin­ter­frag­te For­de­run­gen in der öffent­li­chen Rhe­to­rik dar­stel­len.

Dr. Nad­ja Rako­witz, Pres­se­spre­che­rin



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