Kom­mu­nen … als neue Akteu­re in der wohn­ort­na­hen Gesund­heits­ver­sor­gung

Ausgabe 3/2024 - Ambulante Versorgung

von Chris­ti­ne Becker

Nicht nur in den gro­ßen Städ­ten in Deutsch­land und nicht nur in lin­ken Krei­sen wie dem Poli­kli­nik Syn­di­kat gibt es Fort­schrit­te. Chris­ti­ne Becker stellt uns hier ein Modell aus der Pro­vinz vor, wo Kom­mu­nen neue Alli­an­zen schmie­den, um die haus­ärzt­li­che Ver­sor­gung der Zukunft ohne Pro­fi­te zu sichern.

Demo­kra­tisch legi­ti­miert und nicht gewinn‑, son­dern gemein­wohl­ori­en­tiert – das ist die Basis, auf der sich zuneh­mend auch Kom­mu­nen um die Zukunft der wohn­ort­na­hen Gesund­heits­ver­sor­gung enga­gie­ren. Zwei her­aus­ra­gen­de kom­mu­na­le Bei­spie­le und wor­in sie sich von ande­ren kom­mu­na­len Maß­nah­men unter­schei­den, wer­den hier vor­ge­stellt.

Das ers­te Bei­spiel, expli­zit als Modell für ande­re Kom­mu­nen vor­ge­stellt, ist die »Oden­wald-Alli­anz« (Land­kreis Mil­ten­berg, Bay­ern), die als inter­kom­mu­na­ler Ver­bund die dem Gemein­wohl ver­pflich­te­te Genos­sen­schaft »Cam­pus GO eG« gegrün­det hat und damit ein haus­ärzt­li­ches MVZ betreibt.

Das zwei­te Bei­spiel ist die Samt­ge­mein­de Fre­den­beck (Land­kreis Sta­de, Nie­der­sach­sen), die das För­der­pro­gramm »Zukunfts­räu­me Nie­der­sach­sen« nutzt, um ihren »Gesund­heits­cam­pus Fre­den­beck« als kom­mu­na­len Ent­wick­lungs­pro­zess zu gestal­ten. Auch hier ist das Vor­ge­hen so ange­legt, dass es im gan­zen Land­kreis sowie von Kom­mu­nen in ande­ren Regio­nen über­nom­men wer­den kann und auch hier sind kei­ne Kanz­lei­en oder inves­to­ren­ge­stütz­te Manage­ment­ge­sell­schaf­ten invol­viert. Die spe­zi­fi­schen Umstän­de wer­den wei­ter unten beschrie­ben.

Vor­ab eini­ge grund­sätz­li­che Infor­ma­tio­nen. In bei­den kom­mu­na­len Modell­pro­zes­sen ist auch die Suche nach Nachfolger*innen für frei­wer­den­de Haus­arzt­pra­xen und die Unter­stüt­zung der noch bestehen­den Arzt­pra­xen eine zen­tra­le Säu­le des kom­mu­na­len Inter­es­ses. Die hier vor­ge­stell­ten Kom­mu­nen gehen aber dar­über hin­aus: Die Oden­wald-Alli­anz, indem sie eine neue Koope­ra­ti­ons- und Orga­ni­sa­ti­ons­form ent­wi­ckelt hat und so als Genos­sen­schaft von 11 Kom­mu­nen und einem Arzt ein haus­ärzt­li­ches MVZ betreibt. Außer­dem nutzt sie immer wie­der staat­li­che För­der­pro­gram­me, um die Zusam­men­ar­beit in der Regi­on auf den Weg zu brin­gen. Der beson­de­re Weg der Samt­ge­mein­de Fre­den­beck besteht in ihrer stark betei­li­gungs­ba­sier­ten Zusam­men­ar­beit in den drei Fokus­grup­pen a) »Medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung«, b) »Prä­ven­ti­on, Gesund­heits­för­de­rung und Gesund­heits­sys­tem­kom­pe­tenz« und c) »Lebens­qua­li­tät, Teil­ha­be, Woh­nen und Pfle­ge«, ergänzt durch eine Redak­ti­ons­grup­pe für die Ein­bin­dung der Bevöl­ke­rung. In den drei Fokus­grup­pen und der Redak­ti­ons­grup­pe wird auch das Spek­trum der Ein­satz­mög­lich­kei­ten digi­ta­ler Tech­no­lo­gien betrach­tet. Bis auf ein­zel­ne Aus­nah­men wir­ken aller­dings die Ärzt*innen der Samt­ge­mein­de in den Abstim­mungs­pro­zes­sen for­mal und öffent­lich­keits­wirk­sam nicht mit. – Aus dem Kreis der Ärz­te­schaft errei­chen die    exter­ne Bera­te­rin aller­dings Mails, in denen Ärzt*innen und Therapeut*innen aus der Regi­on ihre Erfah­run­gen und Wün­sche ohne öffent­li­che Wahr­neh­mung kund­tun. Inte­griert wer­den natür­lich auch die­se Impul­se und auch so geht Mit­wir­kung.

Bay­ern und Nie­der­sach­sen – kann man das ver­glei­chen?

In fol­gen­den Aspek­ten ähneln sich die Kom­mu­nen in Bay­ern und Nie­der­sach­sen, die sich mit hohem eige­nem Ein­satz um die Gesund­heits­ver­sor­gung ihrer Bevöl­ke­rung küm­mern:

Es sind kreis­an­ge­hö­ri­ge Kom­mu­nen, d.h. eigent­lich ist der jewei­li­ge Land­kreis für gewis­se Auf­ga­ben der Gesund­heits­ver­sor­gung zustän­dig. Der Land­kreis Mil­ten­berg wird seit Jah­ren als eine der baye­ri­schen »Gesund­heits­re­gi­on plus« geför­dert und auf Kreis­ebe­ne gibt es dort auch einen Wei­ter­bil­dungs­ver­bund All­ge­mein­me­di­zin. Der nie­der­säch­si­sche Land­kreis Sta­de ist für das Ange­bot »Land­Gang« zustän­dig, durch das Famu­la­tu­ren, PJ und Block­prak­ti­ka für Medi­zin­stu­die­ren­de ver­mit­telt und sogar Sti­pen­di­en für ange­hen­de Hausärzt*innen ver­ge­ben wer­den, finan­ziert in einem Umla­ge­ver­fah­ren durch Steu­er­geld aus den Haus­hal­ten der kreis­an­ge­hö­ri­gen Kom­mu­nen. Hin­zu kommt auch bei die­sen Land­krei­sen, dass sie für den Öffent­li­chen Gesund­heits­dienst zustän­dig sind, gemein­hin als »Gesund­heits­amt« bezeich­net.

In den Ver­sor­gungs­be­rei­chen der Oden­wald-Alli­anz und der Samt­ge­mein­de Fre­den­beck gibt es kein aus­rei­chend pro­fes­sio­nell orga­ni­sier­tes Ärz­te­netz, geschwei­ge denn ein »Beson­de­res Pra­xis­netz« (§ 87 b SGB V), aber auch kaum noch wahr­nehm­ba­re Qua­li­täts­zir­kel oder sons­ti­ge regio­na­le Ange­bo­te zur Fort­bil­dung ambu­lant täti­ger Ärzt*innen. Es feh­len dort auch Ärzt*innen, die man im bes­ten Wort­sinn als »Unter­neh­mer­per­sön­lich­kei­ten« bezeich­nen kann. Durch die Reform der Bereit­schafts­dienst­or­ga­ni­sa­ti­on sind sogar regel­mä­ßi­ge Tref­fen weg­ge­fal­len, wie sie frü­her zur Abstim­mung von Bereit­schafts­diens­ten und von Ver­tre­tungs­re­ge­lun­gen not­wen­dig waren. Enga­gier­te Ärz­te­net­ze über­neh­men in eini­gen ande­ren Regio­nen Deutsch­lands die Initia­ti­ve für neue Ver­sor­gungs­for­men, teil­wei­se durch »Beson­de­re Ver­sor­gungs­ver­trä­ge« (§ 140 SGB V). Sie sind auch Trei­ber für Anwen­dun­gen der Tele­ma­tik­in­fra­struk­tur oder für den Ein­satz von Tele­me­di­zin. Teil­wei­se bil­den sol­che Ärz­te­net­ze auch den Nukle­us für ers­te Ansät­ze von »Gesund­heits­re­gio­nen«. Für all das machen sich die hier beschrie­be­nen Kom­mu­nen stark.

In den bei­den Modell­re­gio­nen kommt hin­zu, dass auch das Kreis­kran­ken­haus im Land­kreis bzw. der jewei­li­ge pri­vat­wirt­schaft­li­che Kran­ken­haus­be­trei­ber nicht aus­rei­chend als Part­ner auf Augen­hö­he in die Kom­mu­nen der Regi­on hin­ein­wirkt. Bei der Oden­wald-Alli­anz wird das Kran­ken­haus im Land­kreis von Heli­os betrie­ben. Im Land­kreis Sta­de gibt es zwar ein Kreis­kran­ken­haus (mit zwei Stand­or­ten), sei­ne Ange­bo­te wir­ken aber nicht aus­rei­chend in die Pra­xen der kreis­wei­ten Ver­sor­gungs­re­gi­on hin­ein. Man kann ver­mu­ten, dass Ange­bo­te wie »Land­Gang« sowie zur fach­ärzt­li­chen Wei­ter­bil­dung in ers­ter Linie der Rekru­tie­rung von Kran­ken­haus­ärz­ten die­nen. Ob und wie die Mög­lich­kei­ten der Metro­pol­re­gi­on Ham­burg genutzt wer­den ist nicht erkenn­bar (ande­re KV, ande­re Kam­mern, ande­re Wei­ter­bil­dungs­ord­nung …) So gibt es bis­lang kei­ne sys­te­ma­ti­sche Koope­ra­ti­on für medi­zi­ni­sche Fort­bil­dun­gen und auch kei­nen Wei­ter­bil­dungs­ver­bund All­ge­mein­me­di­zin mit Kli­ni­ken aus Ham­burg und Pra­xen im Land­kreis Sta­de. Und obwohl die Gema­tik eine »TI-Modell­re­gi­on Ham­burg und Umland« för­dert, wird das nörd­li­che Nie­der­sach­sen nicht zu die­sem »Umland« gezählt.

Wo akti­ve inno­va­ti­ve Ärz­te­net­ze oder part­ner­schaft­lich agie­ren­de Kran­ken­häu­ser mit ihrem jewei­li­gen Füh­rungs­per­so­nal feh­len, ver­su­chen in man­chen Regio­nen die Land­rä­te oder aber Bür­ger­meis­ter die­se zen­tra­le Koor­di­na­ti­ons­funk­ti­on zu über­neh­men. Da kreis­an­ge­hö­ri­ge Kom­mu­nen aber über­haupt nicht zustän­dig sind für die Gesund­heits­ver­sor­gung, dür­fen sie auch kei­ne kom­mu­na­len Haus­halts­mit­tel für eigent­lich sinn­vol­le Maß­nah­men ein­set­zen, mit denen sie die Ärzt*innen vor Ort über die Mög­lich­kei­ten der Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gung hin­aus unter­stüt­zen könn­ten. Dies gilt ganz beson­ders für Kom­mu­nen, die auf Grund defi­zi­tä­rer Haus­hal­te in der so genann­ten »Haus­halts­kon­so­li­die­rung« sind. Wenn der Bür­ger­meis­ter solch einer Kom­mu­ne Haus­halts­mit­tel oder auch »nur« eige­nes Ver­wal­tungs­per­so­nal für ein Pro­jekt der Gesund­heits­ver­sor­gung ein­set­zen möch­te, muss er mit Wider­stand sei­tens der zustän­di­gen Kom­mu­nal­auf­sicht rech­nen.

Und den­noch geht eini­ges. Kom­mu­nen fin­den Mit­tel und Wege, um die Daseins­für­sor­ge ihrer Bevöl­ke­rung auch im Hin­blick auf die Gesund­heits­ver­sor­gung zu unter­stüt­zen. Inter­es­san­ter­wei­se stel­len ver­schie­de­ne Lan­des- und Bun­des­mi­nis­te­ri­en – aller­dings nicht die für »Gesund­heit« zustän­di­gen – För­der­mit­tel zur Ver­fü­gung, die nur von Kom­mu­nen bean­tragt wer­den kön­nen. Das ermög­licht auch neue Her­an­ge­hens­wei­sen für die Kom­mu­nen. Aller­dings wer­den dabei auch immer wie­der die Schwach­stel­len der eigent­lich zustän­di­gen Ein­rich­tun­gen deut­lich, allen vor­an der Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gun­gen, aber auch der Kran­ken­kas­sen und der Gesetz­ge­bung.

Die Oden­wald-Alli­anz: »Was eine Kom­mu­ne allein nicht schafft, schaf­fen meh­re­re miteinander.«1

In die­sem Fall waren es anfangs neun Kom­mu­nen aus dem baye­ri­schen Land­kreis Mil­ten­berg und eine aus dem benach­bar­ten hes­si­schen Oden­wald­kreis, die gemein­sam mit einem nie­der­ge­las­se­nen Haus­arzt aus einer der Mit­glieds­kom­mu­nen 2022 eine Genos­sen­schaft gegrün­det haben, die Cam­pus GO eG. Die Genos­sen­schaft betreibt seit 2023 ein haus­ärzt­li­ches MVZ mit zwei All­ge­mein­me­di­zi­nern, Stand­ort dafür ist die Mit­glieds­kom­mu­ne Schnee­berg in den Räu­men einer dort bereits lang­jäh­rig ansäs­si­gen Haus­arzt­pra­xis. Mitt­ler­wei­le sind wei­te­re zwei Kom­mu­nen zur Genos­sen­schaft hin­zu­ge­kom­men, in einer von ihnen wird sogar schon eine Fili­al­pra­xis des MVZ betrieben.2 Jede Mit­glieds­kom­mu­ne der Genos­sen­schaft, die eine Filia­le haben möch­te, muss selbst für die dafür not­wen­di­ge Infra­struk­tur sor­gen (Räu­me, tech­ni­sche Infra­struk­tur, Aus­stat­tung) und die ent­spre­chen­den Kos­ten tra­gen.

Die Grund­idee zur Genos­sen­schaft und zum von ihr betrie­be­nen MVZ stammt aus dem inter­kom­mu­na­len Ver­bund »Oden­wald-Alli­anz«, der aus mitt­ler­wei­le 11 Kom­mu­nen besteht.3 Als »Alli­anz« wird der kom­mu­na­le Ver­bund vom Amt für Länd­li­che Ent­wick­lung für Unter­fran­ken mit Mit­teln aus dem Land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um (und der EU) geför­dert mit dem Ziel, die Infra­struk­tur­an­ge­bo­te und die Lebens­qua­li­tät in der länd­li­chen Regi­on zu erhal­ten und wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Grund­la­ge die­ser Zusam­men­ar­beit der Kom­mu­nen ist ein schon 2013 von den ers­ten sie­ben Mit­glieds­kom­mu­nen gemein­sam erar­bei­te­tes »Inte­grier­tes Länd­li­ches Ent­wick­lungs­kon­zept« (ILEK). Die­ses ILEK ent­hält eine Lis­te mit Prio­ri­täts­the­men für die länd­li­che Ent­wick­lung der Regi­on, und »Gesund­heit« ist von Anfang an Prio­ri­täts­the­ma. Min­des­tens ein­mal jähr­lich wird der Umset­zungs­pro­zess dis­ku­tiert und der Ziel­er­rei­chungs­grad geprüft. Die­ser Umset­zungs­pro­zess ori­en­tiert sich maß­geb­lich an der 2015 ent­wi­ckel­ten und seit­her in ver­schie­de­nen Bau­stei­nen umge­setz­ten Gesamt­stra­te­gie »Cam­pus GO – Smar­te Gesund­heits­re­gi­on Baye­ri­scher Oden­wald«.

Der nächs­te gro­ße Mei­len­stein für die Cam­pus GO eG und die Stadt Amor­bach als Leit­kom­mu­ne der Oden­wald-Alli­anz ist die Rea­li­sie­rung des »Gesund­heits­zen­trum Amor­bach«; ein moder­nes groß­zü­gi­ges Gebäu­de, in das das haus­ärzt­li­che MVZ als Anker­mie­ter umzie­hen wird. Eine Apo­the­ke, ein phy­sio­the­ra­peu­ti­sches Trai­nings­zen­trum und ein pfle­ge­risch gelei­te­tes ambu­lan­tes Wund­zen­trum wer­den wei­te­re Mie­ter sein. Gesprä­che wer­den außer­dem mit einem Sani­täts­haus und einem ambu­lan­ten Pfle­ge­dienst geführt. Visio­när, aber doch auch nahe dran an den gesund­heits­po­li­ti­schen Kon­zep­ten von Pri­mär­ver­sor­gungs­zen­tren und Gesund­heits­ki­os­ken sind Über­le­gun­gen, an die­sem Stand­ort, der direkt angrenzt an einen Schul­cam­pus (Grund­schu­le, Mit­tel­schu­le, Gym­na­si­um), Sport­an­la­gen und eine Kul­tur- und Ver­an­stal­tungs­hal­le, auch Com­mu­ni­ty Health Nur­ses mit dem Auf­ga­ben­ge­biet Schul­ge­sund­heit, Prä­ven­ti­ons­be­ra­tung und Pati­en­ten­schu­lun­gen ein­zu­set­zen.

Zwi­schen­schrit­te auf dem Weg dort­hin konn­ten bis­lang nur durch die Nut­zung ver­schie­de­ner wei­te­rer För­der­pro­gram­me finan­ziert wer­den, dar­un­ter Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF), Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Woh­nen, Stadt­ent­wick­lung und Bau­we­sen (BMWSB), Bund, AOK Bay­ern sowie GKV-Spit­zen­ver­band und Bun­des­zen­tra­le für gesund­heit­li­che Auf­klä­rung (BZgA). Vom baye­ri­schen Minis­te­ri­um für Gesund­heit und Pfle­ge hat die Cam­pus GO eG 2023 eine För­de­rung zur Unter­stüt­zung beim Auf­bau der IT- und Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­struk­tur zur Ver­net­zung des Haupt­stand­or­tes mit der Fili­al­pra­xis erhal­ten. Die Cam­pus GO eG hat außer­dem 2024 den Baye­ri­schen Demo­gra­fie­preis als Zusam­men­schluss meh­re­rer Kom­mu­nen unter dem Dach der Genos­sen­schaft zum Betrieb des haus­ärzt­li­chen MVZ erhal­ten.

Die Gesamt­stra­te­gie der Oden­wald-Alli­anz »Cam­pus GO – Smar­te Gesund­heits­re­gi­on Baye­ri­scher Oden­wald« und die diver­sen Pro­jek­te wur­den durch Chris­ti­ne Becker, Salu­to­con­sult, ent­wi­ckelt bzw. initi­iert.

Der Gesund­heits­cam­pus Fre­den­beck der Samt­ge­mein­de Fre­den­beck

Das För­der­pro­gramm, von dem die Samt­ge­mein­de Fre­den­beck pro­fi­tiert, hat den Titel »Zukunfts­räu­me Nie­der­sach­sen«. Das Pro­gramm hat das Ziel, die Nach­tei­le für die Bevöl­ke­rung in länd­li­chen Regio­nen dadurch aus­zu­glei­chen, dass die klei­nen Kom­mu­nen (in der Fach­spra­che der Regio­nal­pla­nung »Unter- oder Grund­zen­tren«) die Mög­lich­kei­ten der Digi­ta­li­sie­rung und der neu­en Tech­no­lo­gien ein­set­zen, um die Ange­bo­te der Mit­tel- und Ober­zen­tren zu nut­zen. Die Samt­ge­mein­de Fre­den­beck als Grund­zen­trum bezieht das auf die Gesund­heits­ver­sor­gung und im Gesund­heits­zen­trum Fre­den­beck sol­len die gesund­heits­be­zo­ge­nen Poten­tia­le aus den Kreis­städ­ten der Regi­on und natür­lich auch der Metro­po­le Ham­burg genutzt wer­den.

Unter dem Leit­mo­tiv »ver­net­zen – ver­sor­gen« hat die Samt­ge­mein­de im Mai 2024 mit der Umset­zung ihrer Stra­te­gie eines Gesund­heits­cam­pus begon­nen. Am 5. Juni war die Auf­takt­ver­an­stal­tung, zu der mehr als 300 Teilnehmer*innen, dar­un­ter mehr als 100 Schüler*innen und Lehrer*innen, im Foy­er der Geest­land­schu­le zusammenkamen.4 An vier The­men­ti­schen, jeweils mit Mode­ra­ti­ons­wän­den und einem inter­net­fä­hi­gem Groß­bild­schirm aus­ge­stat­tet, wur­den Erfah­run­gen, Fra­gen und Erwar­tun­gen der Teilnehmer*innen gesam­melt. Durch die bun­te Mischung von Jung und Alt, Pro­fis aus Gesund­heits­be­ru­fen, mehr oder weni­ger betrof­fe­nen Lai­en, Kommunalpolitiker*innen und Landespolitiker*innen sowie Ver­tre­tern von KV und Ver­bän­den kam es zu einem außer­ge­wöhn­lich ergie­bi­gen Aus­tausch. Manch einer muss­te dabei über sei­nen Schat­ten sprin­gen und zwei Per­so­nen (aus­ge­rech­net Ärz­te einer orts­an­säs­si­gen Gemein­schafts­pra­xis) haben die Ver­an­stal­tung sogar vor­zei­tig ver­las­sen. Es haben sich auch Mit­ar­bei­te­rin­nen von Pfle­ge­diens­ten und aus Phy­sio­the­ra­pie­pra­xen zu Wort gemel­det und u.a. Vor­schlä­ge zur Ver­bes­se­rung der Zusam­men­ar­beit mit den Hausärzt*innen der Regi­on gemacht.

Nach der Auf­takt­ver­an­stal­tung wur­den auf der Basis der Mode­ra­ti­ons­kar­ten und wei­te­rer Mel­dun­gen aus den Rei­hen der Teilnehmer*innen sowie im Nach­gang ein­ge­reich­ter, durch­aus kri­ti­schen Anmer­kun­gen von Ärz­ten, die nicht teil­ge­nom­men hat­ten, die The­men der drei Fokus­grup­pen fest­ge­legt: a) »Medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung«, b) »Prä­ven­ti­on, Gesund­heits­för­de­rung und Gesund­heits­sys­tem­kom­pe­tenz« und c) »Lebens­qua­li­tät, Teil­ha­be, Woh­nen und Pfle­ge«. Unter­stützt wird die fach­lich-inhalt­li­che Arbeit durch eine Redak­ti­ons­grup­pe von ca. 15 Per­so­nen aus ver­schie­de­nen Ver­ei­nen und Gre­mi­en der Kom­mu­ne, dar­un­ter auch die Feu­er­wehr und der Senio­ren­bei­rat sowie aus Arbeits­krei­sen der Dorf­ent­wick­lung. »Fokus­grup­pe« bezeich­net kei­nen fes­ten Teil­neh­mer­kreis, son­dern die Grup­pie­rung ver­wand­ter und ein­an­der ergän­zen­der The­men, anhand derer der Gesund­heits­cam­pus als Pro­zess gesteu­ert wird. Der Gesund­heits­cam­pus muss bis Dezem­ber 2024 schon eine Form, Arbeits­wei­se und Koope­ra­ti­ons­part­ner gefun­den haben, mit der in Fre­den­beck bzw. von Fre­den­beck aus auch ohne die­se För­der­mit­tel wei­ter­ge­ar­bei­tet wer­den kann.

Die Steue­rung des Pro­zes­ses »Gesund­heits­cam­pus Fre­den­beck« über­neh­men zwei Frau­en aus der Ver­wal­tung der Samt­ge­mein­de: Eine Mit­ar­bei­te­rin ist vor allem für die ord­nungs­ge­mä­ße Ver­wen­dung der För­der­mit­tel und die Umset­zung der im För­der­be­scheid fest­ge­leg­ten Maß­nah­men und Mei­len­stei­ne zustän­dig. Die ande­re, extra für die­sen geför­der­ten Pro­zess ein­ge­stell­te Mit­ar­bei­te­rin koor­di­niert als Geschäfts­stel­le die Sach­ar­beit, aber auch die Ver­öf­fent­li­chun­gen in den Social Media-Kanä­len der Kom­mu­ne und der Mit­wir­ken­den der Redak­ti­ons­grup­pe. So ent­steht eine brei­te Basis der Mit­wir­kung in unter­schied­li­chen Grup­pen der Bevöl­ke­rung, gleich­zei­tig wird deren Gesund­heits­kom­pe­tenz und Gesund­heits­sys­tem­kom­pe­tenz gefördert.5

Wesent­lich für die­ses Kon­zept und des­sen stra­te­gi­sche Umset­zung ist die über die För­der­mit­tel bezahl­te exter­ne Bera­te­rin – die Autorin die­ses Arti­kels: Chris­ti­ne Becker, Salu­to­con­sult. Der Gesund­heits­cam­pus Fre­den­beck pro­fi­tiert – eben­so wie die Oden­wald-Alli­anz – von ihrer Erfah­rung sowohl mit kom­mu­na­len Ein­rich­tun­gen wie Wirt­schafts­för­de­rung oder Regio­nal­ma­nage­ment als auch von der Arbeit für Ärz­te­net­ze und ärzt­li­che Berufs­ver­bän­de sowie von ihrer Mit­glied­schaft in medi­zi­ni­schen Fach­ge­sell­schaf­ten und Ver­ei­nen.

Auf Grund von nicht öffent­lich geäu­ßer­ten Bit­ten um Unter­stüt­zung aus der Ärz­te­schaft befasst sich die Fokus­grup­pe Medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung und die Geschäfts­stel­le des Gesund­heits­cam­pus zunächst mit der Suche nach Räu­men bzw. Immo­bi­li­en, die für moder­ne Arzt­pra­xen bzw. MVZ geeig­net sind und die auch genug Platz für Ärzt*innen in Wei­ter­bil­dung bie­ten. Außer­dem wird eine öffent­lich ein­seh­ba­re Daten­bank auf­ge­baut, mit der z. B. die Selbst­hil­fe­grup­pen in der Regi­on Räu­me für ihre Tref­fen oder auch Ärzt*innen Räu­me für neu zu grün­den­de Qua­li­täts­zir­kel fin­den.

Aber auch die ver­schie­de­nen Aspek­te der Digi­ta­li­sie­rung zie­hen sich wie ein roter Faden durch die Arbeit des Gesund­heits­cam­pus Fre­den­beck. Nicht nur die Ärzt*innen der Regi­on konn­ten an einer Video­kon­fe­renz mit dem PVS- und TI-Exper­ten der KV Nie­der­sach­sen teil­neh­men, der über die Ursa­chen für Digi­ta­li­sie­rungs­pro­ble­me in den Pra­xen gespro­chen, aber auch Lösun­gen und Bei­spie­le guter Pra­xis vor­ge­stellt hat. Die Teilnehmer*innen des »Unter­neh­mer­tref­fens«, zu dem der Ver­ein Geest Mar­ke­ting und Tou­ris­mus ein­ge­la­den hat­te, wur­den außer­dem zum Besuch der Aus­stel­lung und Teil­nah­me an einer inter­ak­ti­ven Füh­rung des Zen­trums für Tele­me­di­zin (ZTM, Bad Kis­sin­gen) eingeladen.6

Die Home­page der Samt­ge­mein­de Fre­den­beck mit den Sei­ten zum Gesund­heits­cam­pus Fre­den­beck wird zur zen­tra­len Infor­ma­ti­ons- und Daten­quel­le für Fra­gen zur Gesund­heits­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung umge­baut. U.a. wird dort der Link zur KV-Arzt­su­che 116117 erschei­nen, aber auch zum Deut­schen Netz­werk Gesund­heits­kom­pe­tenz (DNGK) oder zum Akti­ons­bünd­nis Pati­en­ten­si­cher­heit (APS) und natür­lich zur offi­zi­el­len Sei­te des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Gesund­heit (https://gesund.bund.de/).

Denn das muss und kann jede Kom­mu­ne tun: infor­mie­ren, koor­di­nie­ren, mode­rie­ren. Und somit die Vor­aus­set­zun­gen schaf­fen, dass sich gut infor­mier­te »Sor­gen­de Gemein­schaf­ten« und trag­fä­hi­ge Alli­an­zen zur Gesund­heits­ver­sor­gung bil­den kön­nen.

 

Chris­ti­ne Becker, frei­be­ruf­li­che Bera­te­rin mit Salu­to­con­sult, unter­stützt Kom­mu­nen in ver­schie­de­nen Bun­des­län­dern bei The­men der sozia­len Daseins­für­sor­ge und wohn­ort­na­hen Gesund­heits­ver­sor­gung, auch durch Inan­spruch­nah­me öffent­li­cher För­der­pro­gram­me.

Chris­ti­ne Becker, Salu­to­con­sult

c.becker@salutoconsult.de, 016097595211 www.salutoconsult

 

Anmer­kun­gen:

1   Ange­lehnt an das Mot­to des Genos­sen­schafts­ver­ban­des sowie Zitat von Fried­rich Wil­helm Raiff­ei­sen; Quel­le / gefun­den am 1209.2024, 18:55 Uhr bei https://genobuch.verdi.de/
++co++616c8870-2a11-11ed-93b0-001a4a16012a
.

2   https://www.campusgo-eg.de/

3   https://www.odenwald-allianz.de/

4   https://www.fredenbeck.de/familie-soziales/gesundheitscampus-fredenbeck/

5   »Gesund­heits­sys­tem­kom­pe­tenz« wur­de von Chris­ti­ne Becker, Salu­to­con­sult, als Begriff geprägt und bezeich­net die Kom­pe­tenz auch die Inter­es­sen und Inter­es­sen­kon­flik­te von Gre­mi­en der Selbst­ver­wal­tung, Kran­ken­kas­sen, Berufs­ver­bän­den und den ver­schie­de­nen Leis­tungs­er­brin­gern zu ken­nen und für die Arbeit am Gesund­heits­cam­pus sowie für das eige­ne Gesund­heits­han­deln ein­zu­schät­zen.

6 https://www.geestlandtouristik.de/veranstaltungen/unternehmertreffen/



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