Pres­se­mit­tei­lung zum DRG Forum in Ber­lin

Anja Voigt, Inten­siv­pfle­ge­rin, aktiv in der Ber­li­ner Kran­ken­haus­be­we­gung und dem Ber­li­ner Bünd­nis Gesund­heit statt Pro­fi­te: „Die geplan­te Kran­ken­haus­re­form ist ein Eti­ket­ten­schwin­del. Die DRGs wer­den nicht abge­schafft, der Kos­ten­druck beim Per­so­nal bleibt bestehen und die vor­ge­se­he­ne Mischung aus Vor­hal­te­pau­scha­len und DRG-Fall­pau­scha­len setzt neue finan­zi­el­le Anrei­ze, statt das tat­säch­lich Not­wen­di­ge zu finan­zie­ren. Als Inten­siv­pfle­ge­rin for­de­re ich eine bedarfs­ge­rech­te Pla­nung und kos­ten­de­cken­de Finan­zie­rung aller Per­so­nal­kos­ten als Min­dest­stan­dard für jede Kran­ken­haus­re­form.“

Micha­el Fried­richs, Fach­arzt für Anäs­the­sio­lo­gie und Mit­glied im Ver­ein Demo­kra­ti­scher Ärzt*innen (vdää*): „Als Fach­arzt für Anäs­the­sie und Inten­siv­me­di­zin habe ich in den letz­ten 30 Jah­ren die Ver­än­de­run­gen in den Kran­ken­häu­sern haut­nah mit­er­lebt. Es war schon bei Ein­füh­rung der DRG-Sys­te­ma­tik klar, dass es zu mas­si­ven Fehl­steue­run­gen kom­men wür­de. Zudem ist ein büro­kra­ti­scher Was­ser­kopf ent­stan­den. Con­trol­ler der Kon­zer­ne ver­su­chen mit krea­tiv ver­fei­ner­ter Codie­rung den Erlös zu stei­gern. Die Kran­ken­kas­sen ver­su­chen dage­gen­zu­hal­ten, und so bläht sich die Büro­kra­tie wei­ter auf. Das Fall­pau­scha­len­sys­tem ist voll­stän­dig geschei­tert. Es muss abge­schafft und durch die Selbst­kos­ten­de­ckung ersetzt wer­den.“ Fried­richs wei­ter: „Die Regie­rungs­kom­mis­si­on zur Kran­ken­haus­re­form hat nicht ein­mal den Mut, die Per­so­nal­kos­ten ins­ge­samt aus der DRG-Sys­te­ma­tik her­aus­zu­neh­men, wie es bei den Pfle­ge­kräf­ten bereits als Not­maß­nah­me erfolgt ist.”

Lau­ra Valen­tu­ke­vici­ute, Spre­che­rin des Bünd­nis Kli­ni­k­ret­tung: „Lau­ter­bach behaup­tet, sei­ne Regie­rungs­kom­mis­si­on sei Lob­by-frei. Tat­säch­lich sit­zen die pri­va­ten Kran­ken­haus­kon­zer­ne und die Ver­si­che­run­gen mit am Tisch. Beson­de­ren Dank für die Ent­wick­lung der Reform­vor­schlä­ge wid­me­te Lau­ter­bach dem Bera­ter Boris Augurz­ky. Augurz­ky setzt sich seit fast zwei Jahr­zehn­ten für Ren­di­te­op­ti­mie­rung und Zen­tra­li­sie­rung im Kran­ken­haus­sek­tor ein. Als Vor­rei­ter des Kli­nik­kahl­schlags hat er unse­ren Schmäh­preis, die „Gol­de­ne Abriss­bir­ne“ mehr als ver­dient.“

Valen­tu­ke­vici­ute wei­ter: „Die Reform­vor­schlä­ge müs­sen von den Beschäf­tig­ten, den Patient*innen und den Vertreter*innen kom­mu­na­ler Kran­ken­häu­ser und nicht von Berater*innen aus der Pri­vat­wirt­schaft ent­wi­ckelt wer­den. Sonst hat – wie sich jetzt zeigt – Gewinn statt Gemein­wohl Vor­rang.“

Frie­der Hum­mes, Assis­tenz­arzt und aktiv bei den Bun­ten Kit­teln: „Ich habe kei­ne Lust mehr in einem Sys­tem zu arbei­ten, in dem das Geld vor den Men­schen kommt. Auch der aktu­el­le Reform­vor­schlag ändert nichts an den öko­no­mi­schen Zwän­gen, denen ich als Arzt im Kran­ken­haus täg­lich aus­ge­lie­fert bin. Ich habe kei­ne Lust mehr, von der Poli­tik igno­riert zu wer­den, obwohl ich Ideen und Vor­schlä­ge habe, was geän­dert wer­den muss. Die­se Reform­vor­schlä­ge sind ein Flick­werk am geschei­ter­ten DRG-Sys­tem, das auch dies­mal nicht funk­tio­nie­ren kann. Wir brau­chen end­lich ein kos­ten­de­cken­des, gemein­wohl­ori­en­tier­tes Gesund­heits­sys­tem und an den Vor­schlä­gen dazu müs­sen Men­schen mit­wir­ken, die täg­lich davon betrof­fen sind.“

Pres­se­kon­tak­te:

Dr. Nad­ja Rako­witz, Ver­ein demo­kra­ti­scher Ärzt*innen

Pres­ses­stel­le: Kant­str. 10 • 63477 Main­tal, Tel 06181 – 432 348 • Mobil 0172 – 185 8023

Orga­ni­sa­to­ren der Pro­test­kund­ge­bung:

• Ber­li­ner Bünd­nis Gesund­heit statt Pro­fi­te

• Bünd­nis Kli­ni­k­ret­tung

• Bun­te Kit­tel

• Schluss mit Kli­nik­ster­ben Bay­ern

• Soli­da­ri­sches Gesund­heits­we­sen

• Ver­ein demo­kra­ti­scher Ärzt*innen – vdää*

Hin­ter­grund

Das DRG-Forum ist nach eige­ner Dar­stel­lung das jähr­li­che „Fami­li­en­tref­fen der Gesund­heits­bran­che“ – zwei Tage lang tref­fen sich Krankenhausmanager*innen und Gesund­heits­lob­by, wäh­rend Fir­men „Entscheidungsträger*innen“ umwer­ben. Die­ses Jahr steht die Kran­ken­haus­re­form an, die auch beim DRG-Forum The­ma ist. Die Reform soll zu gra­vie­ren­den Ein­schnit­ten in der Kran­ken­haus­ver­sor­gung füh­ren. Es dro­hen: mas­si­ver Kli­nik- und Bet­ten­ab­bau, gefähr­lich ver­län­ger­te Fahr­zei­ten zur nächs­ten Kli­nik, Eng­päs­se und lan­ge War­te­zei­ten in den ver­blei­ben­den Kran­ken­häu­sern und erheb­li­che Arbeits­ver­dich­tung für die Kran­ken­haus­be­schäf­tig­ten. Die Organisator*nnen der heu­ti­gen Kund­ge­bung for­dern des­we­gen die Rück­nah­me der bis­he­ri­gen Reform­vor­schlä­ge und die Aus­ar­bei­tung einer Kran­ken­haus­re­form im Sin­ne von Patient*nnen und Beschäf­tig­ten:

• Ori­en­tie­rung an der Bedarfs­ge­rech­tig­keit in der Ver­sor­gung

• Gemein­wohl­ori­en­tie­rung und Gewinn­ver­bot

• Stopp der Pri­va­ti­sie­rung von Kran­ken­haus­trä­gern

• Abschaf­fung des Fall­pau­scha­len­sys­tems (DRG, Dia­gno­sis Rela­ted Groups)

• Kos­ten­de­ckung in der Kran­ken­haus­fi­nan­zie­rung • Ver­bind­li­che Per­so­nal­schlüs­sel für alle Berei­che im Kran­ken­haus

• Demo­kra­ti­sie­rung von Kran­ken­haus­pla­nung und Steue­rung

• Erhalt der flä­chen­de­cken­den wohn­ort­na­hen Kran­ken­haus­ver­sor­gung djdj



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