Gesund­heits­fach­kräf­te sind kei­ne Han­dels­wa­re

Das Pro­blem des Per­so­nal­man­gels in den Kli­ni­ken hat sich in den letz­ten Jah­ren enorm ver­schärft. Die Zustän­de, die wir heu­te in deut­schen Kran­ken­häu­sern vor­fin­den, sind kein Zufall und auch kein not­wen­di­ges Schick­sal einer altern­den Gesell­schaft. Die Finan­zie­rung der Kran­ken­häu­ser durch DRGs und der markt­ver­mit­tel­te Wett­be­werb zwi­schen den Kli­ni­ken haben zu Arbeits­be­din­gun­gen geführt, die ins­be­son­de­re Pfle­ge­kräf­te zum mas­sen­haf­ten Aus­stieg aus dem Job trei­ben. Dabei zei­gen Umfra­gen, dass vie­le bereit wären, wie­der zurück­zu­keh­ren, wenn sich die Bedin­gun­gen wie­der ver­bes­ser­ten. (2) Dies kann nach­hal­tig nur durch eine aus­kömm­li­che und bedarfs­ge­rech­te Finan­zie­rung und Per­so­nal­be­mes­sung erreicht wer­den. Karen Span­nen­krebs, Refe­ren­tin des vdää* für Gesund­heits­fach­kräf­te­ab­wer­bung, for­dert: „Ziel muss es sein, die Arbeit in Gesund­heits­be­ru­fen in Deutsch­land so zu gestal­ten, dass kein Bedarf mehr an grenz­über­schrei­ten­der Anwer­bung von Gesund­heits­fach­kräf­ten besteht.“  

Wenn heu­te gefor­dert wird, den Fach­kräf­te­man­gel durch ver­stärk­te Rekru­tie­run­gen aus dem Aus­land zu lösen, so blei­ben die eigent­li­chen Pro­ble­me davon unbe­rührt. Die Rekru­tie­rung von aus­län­di­schen Fach­kräf­ten kann ganz im Gegen­teil die momen­ta­nen Zustän­de sogar noch stüt­zen. Die von Gesund­heits­mi­nis­ter Lau­ter­bach ange­kün­dig­te „Revo­lu­ti­on“ der Kran­ken­haus­fi­nan­zie­rung bleibt weit hin­ter dem hier­für Not­wen­di­gen zurück. Die Abschaf­fung der DRGs, wie sie der vdää* seit Jah­ren for­dert, wur­de zwar groß ange­kün­digt, bleibt jedoch aus. „Zusam­men mit Kolleg*innen aller Berufs­grup­pen ste­hen wir für ein Finan­zie­rungs­sys­tem ein, das auf Selbst­kos­ten­de­ckung beruht und Gewinner­wirt­schaf­tung aus­schließt“, so Karen Span­nen­krebs wei­ter.

Statt einer kon­se­quen­ten Umge­stal­tung der Pfle­ge- und Gesund­heits­ver­sor­gung, setzt Deutsch­land seit etwa zehn Jah­ren nun auch im Gesund­heits­sys­tem auf pri­va­te und staat­li­che Abwer­bung aus Län­dern, in denen die Arbeits­be­din­gun­gen für Pfle­ge­fach­kräf­te und Ärzt*innen noch mise­ra­bler sind, sodass eine Arbeits­mi­gra­ti­on attrak­tiv erscheint. Damit ver­schärft sich die glo­bal unglei­che Ver­tei­lung der Gesund­heits­fach­kräf­te wei­ter. „Die Vor­stel­lung, statt einer nach­hal­ti­gen Pro­blem­lö­sung Gesund­heits­fach­kräf­te ein­fach impor­tie­ren zu kön­nen, zeugt gera­de­zu von einer kolo­nia­len Arro­ganz und Welt­an­schau­ung, in der Men­schen aus ärme­ren Län­dern wie Roh­stof­fe betrach­tet wer­den, über die, je nach Bedarf der Bun­des­re­pu­blik, ver­fügt wer­den kann“, kri­ti­siert Span­nen­krebs.

Migra­ti­on ist ein Recht, für das wir ein­tre­ten. Die geziel­te Abwer­bung von Gesundheitsarbeiter*innen aus Län­dern mit gerin­ge­ren Ver­dienst­mög­lich­kei­ten ver­schärft jedoch dort den Fach­kräf­te­man­gel und stellt damit eine Gefahr für die Gesund­heits­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung dar, egal, ob die Rekru­tie­rung staat­lich oder durch pri­va­te Agen­tu­ren statt­fin­det. Des­halb lehnt der vdää* die akti­ve Rekru­tie­rung von Gesund­heits­fach­kräf­ten ab.

Felix Ahls, Co-Vor­sit­zen­der des vdää*  

1) Wie Deutsch­land zu mehr Pfle­ge­kräf­ten kom­men soll, Süd­deut­sche Zei­tung 18.01.2023

2) Jen­ny Auf­fen­berg u.a.: „Ich pfle­ge wie­der wenn…“ – Poten­zi­al­ana­ly­se der Arbeit­neh­mer­kam­mer Bre­men, S. 113



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