9 Initia­ti­ven aus Kran­ken­häu­sern zu den Reform­vor­schlä­gen des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums

  • Ori­en­tie­rung an Bedarfs­ge­rech­tig­keit in der Ver­sor­gung
  • Gemein­wohl­ori­en­tie­rung und Gewinn­ver­bot
  • Stopp der Pri­va­ti­sie­rung von Kran­ken­haus­trä­gern
  • Abschaf­fung des DRG-Fall­pau­scha­len­sys­tems
  • Kos­ten­de­ckung in der Kran­ken­haus­fi­nan­zie­rung
  • Ver­bind­li­che Per­so­nal­schlüs­sel für alle Berei­che im Kran­ken­haus
  • Demo­kra­ti­sie­rung von Kran­ken­haus­pla­nung und Steue­rung

Der Hin­ter­grund

In die ver­brei­te­te Kri­tik an der Kran­ken­haus­fi­nan­zie­rung nach Fall­pau­scha­len (DRG) stimmt selbst Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lau­ter­bach ein („Das DRG-Sys­tem ist kaputt“), er hält mit sei­nen jüngst prä­sen­tier­ten Reform­vor­schlä­gen aller­dings wei­ter­hin dar­an fest.

Durch die Fall­pau­scha­len­fi­nan­zie­rung erhal­ten Kran­ken­häu­ser nicht ihre tat­säch­li­chen Behand­lungs­kos­ten erstat­tet, son­dern nur einen fixen Preis pro Behand­lung. Öko­no­mi­sie­rung und Kom­mer­zia­li­sie­rung zwin­gen die Kran­ken­häu­ser in einen Kon­kur­renz­kampf mit bestän­di­gen Anrei­zen, die Kos­ten durch Per­so­nal­ab­bau und Lohn­dum­ping zu sen­ken und die Erlö­se durch mehr und lukra­ti­ve­re Behand­lun­gen zu stei­gern. Damit wur­den Kran­ken­häu­ser poli­tisch zu einem für Kapi­tal­in­ves­to­ren attrak­ti­ven Geschäfts­mo­dell umge­stal­tet.

Die­se Fehl­an­rei­ze füh­ren teil­wei­se zur Unter­ver­sor­gung und teil­wei­se zur Über­ver­sor­gung mit medi­zi­nisch unnö­ti­gen Behand­lun­gen. Die Beschäf­tig­ten sind dau­er­über­las­tet und kön­nen ihre Fach­be­ru­fe nicht mehr mit der gebo­te­nen und gewünsch­ten Pro­fes­sio­na­li­tät aus­üben. Vie­le redu­zie­ren auf Teil­zeit oder ver­las­sen das Kran­ken­haus ganz. Der „Fach­kräf­te­man­gel“ ist haus­ge­macht!

Aber die Beleg­schaf­ten haben ange­fan­gen, sich zu weh­ren und für Ent­las­tungs-Tarif­ver­trä­ge zu kämp­fen, zuletzt die Beschäf­tig­ten der Uni­kli­ni­ka in NRW. Das in die­sem Zusam­men­hang ent­stan­de­ne „Schwarz­buch Kran­ken­haus“ ist ein erschüt­tern­des Doku­ment der aktu­el­len Miss­stän­de.

Die Situa­ti­on

Das Fall­pau­scha­len­sys­tem macht Berei­che wie Kin­der­me­di­zin (Päd­ia­trie), Geburts­hil­fe und Not­auf­nah­me zu einem Ver­lust­ge­schäft. Beson­ders häu­fig wer­den Geburts­hil­fen geschlos­sen, die Wege in den Kreiß­saal wer­den immer län­ger. Gleich­zei­tig ist die Zahl der Kai­ser­schnit­te unver­hält­nis­mä­ßig gestie­gen, da nur sie gute Erträ­ge brin­gen. Päd­ia­tri­sche Abtei­lun­gen wer­den geschlos­sen oder Bet­ten gesperrt, weil es kein Per­so­nal mehr gibt. Kinderärzt*innen schla­gen längst Alarm und ver­öf­fent­li­chen Brand­brie­fe, dass die Ver­sor­gung von Kin­dern an ihren Kran­ken­häu­sern nicht mehr gewähr­leis­tet ist. Die „Initia­ti­ve Not­auf­nah­men ret­ten“ hat sich bun­des­weit ver­netzt und immer wie­der deut­lich gemacht, wel­che kata­stro­pha­len Aus­wir­kun­gen der öko­no­mi­sche Druck, die Unter­fi­nan­zie­rung und Unter­be­set­zung in ihrem All­tag haben. Aber nicht nur die­se Berei­che, son­dern auch gan­ze Land­stri­che sind sta­tio­när unter­ver­sorgt, weil Kli­ni­ken aus rein wirt­schaft­li­chen Grün­den geschlos­sen wer­den.

Wir haben unse­re Initia­ti­ven gegrün­det, um die­se uner­träg­li­chen und eigent­lich ver­meid­ba­ren Miss­stän­de öffent­lich bekannt zu machen und zu einer gemein­sa­men poli­ti­schen Anstren­gung auf­zu­ru­fen, sie zu über­win­den.

Die Poli­tik muss end­lich lie­fern

Wie­der­holt hat die Poli­tik groß­spu­ri­ge Ankün­di­gun­gen gemacht. Im Koali­ti­ons­ver­trag von SPD / GRÜNEN und FDP hieß es: „Kurz­fris­tig sor­gen wir für eine bedarfs­ge­rech­te aus­kömm­li­che Finan­zie­rung für die Päd­ia­trie, Not­fall­ver­sor­gung und Geburts­hil­fe.“ (S. 86) Die bis­her beschlos­se­nen Maß­nah­men sind jedoch weder bedarfs­ge­recht noch aus­rei­chend. Und auch die von Lau­ter­bach ange­kün­dig­te Reform zur „Über­win­dung des Fall­pau­scha­len­sys­tems“ sowie die „dra­ma­ti­sche Ent­öko­no­mi­sie­rung der Kran­ken­haus­ver­sor­gung“ ist nicht in Sicht. Im Gegen­teil. Die am 6. Dezem­ber 2022 vor­ge­stell­ten Plä­ne hal­ten am Sys­tem der Fall­pau­scha­len fest und wol­len die­se ledig­lich durch ande­re Pau­scha­len ergän­zen. Die öko­no­mi­schen Anrei­ze sol­len bestehen blei­ben und damit auch der Kos­ten­druck auf Per­so­nal und Ver­sor­gung.

Wir stel­len fest: Ein­mal mehr löst die Poli­tik ihre Ver­spre­chun­gen nicht ein!



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