Soli­da­ri­täts­er­klä­rung für Banu Büyü­kav­ci

Dr. Banu Büyü­kav­ci wur­de auch hier in Deutsch­land behan­delt wie eine Ter­ro­ris­tin, was u.a. Iso­la­ti­ons­haft mit allen Ein­schrän­kun­gen incl. Behin­de­rung der Tätig­keit ihrer Anwäl­te bedeu­te­te. Sie saß fast 3 Jah­re in Unter­su­chungs­haft und wur­de 2020 zu 3 Jah­ren und 6 Mona­ten Haft ver­ur­teilt.

Was ist ihr Ver­bre­chen? Sie wird als Kom­mu­nis­tin ein­ge­stuft, als Mit­glied der tür­ki­schen TKP/ML und soll die­se Orga­ni­sa­ti­on mit Geld und ideo­lo­gisch unter­stützt haben. Die TKP/ML wird durch den tür­ki­schen Staat als Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on ein­ge­stuft, sonst nir­gends in der Welt, auch nicht in Deutsch­land (anders als z. B. die PKK). Anfang 2000 erhiel­ten Mit­glie­der die­ser Orga­ni­sa­ti­on noch Asyl in Deutsch­land, weil sie in der Tür­kei wegen die­ser Mit­glied­schaft ver­folgt wur­den, ein paar Jah­re danach kamen sie des­we­gen in Deutsch­land ins Gefäng­nis.

Die juris­ti­sche Grund­la­ge für den aktu­el­len Pro­zess und die Ver­ur­tei­lung ist der §129b StGB („Bil­dung einer kri­mi­nel­len und ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gun­gen im Aus­land“). Vor­aus­set­zung der Straf­ver­fol­gung ist dabei die Zustim­mung des Jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums, zwin­gend basie­rend auf der Ein­schät­zung, dass der antrag­stel­len­de Staat sel­ber rechts­staat­li­chen Prin­zi­pi­en genügt. Das kann für die Tür­kei im Jahr 2015 mit­nich­ten gesagt wer­den, trotz­dem unter­stütz­te das Minis­te­ri­um damals die Straf­ver­fol­gung von Dr. Banu Büyü­kav­ci und ihrer Genoss*innen. Hier drängt sich drin­gend der Ver­dacht auf, dass die­se Ein­schät­zung 2015 vom dama­li­gen sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Jus­tiz­mi­nis­ter Hei­ko Maas vor allem auch mit der Not­wen­dig­keit einer „Koope­ra­ti­on“ mit der Tür­kei in der Flücht­lings­ab­wehr ent­stand. Dabei zeig­te sich der glei­che Poli­ti­ker nur zwei Jah­re spä­ter im Zusam­men­hang mit der Ver­haf­tung des deut­schen Jour­na­lis­ten Deniz Yücel in der Tür­kei „tief besorgt“ über den dor­ti­gen Zustand der Pres­se­frei­heit und der Rechts­staat­lich­keit sowie über den Ein­fluss der Exe­ku­ti­ve auf die Unab­hän­gig­keit der Jus­tiz.

Der §129b kann hier ohne wei­te­res als Instru­ment der Gesin­nungs­jus­tiz gegen Mit­glie­der der poli­ti­schen Oppo­si­ti­on, in die­sem Fall Kommunist*innen, bezeich­net wer­den. Die deut­sche Jus­tiz wird damit zum Erfül­lungs­ge­hil­fen des tür­ki­schen Staa­tes, der unter Recep Tayyip Erdo­gan und der AKP demo­kra­ti­sche und rechts­staat­li­che Prin­zi­pi­en offen­siv bekämpft, die poli­ti­sche Oppo­si­ti­on u.a. mit will­kür­li­chen Inhaf­tie­run­gen und sys­te­ma­ti­scher Fol­ter ver­folgt und Kriegs­ver­bre­chen begeht.

Per­sön­li­che Vor­wür­fe einer unrecht­mä­ßi­gen Tat gegen Banu Büyü­kav­ci? Es wird der ver­folg­ten Kol­le­gin kei­ne unrecht­mä­ßi­ge Tat vor­ge­wor­fen. Schon gar kei­ne ter­ro­ris­ti­schen Hand­lun­gen,  kein Mord, kei­ne Kör­per­ver­let­zung, kein Waf­fen­be­sitz. Tat­säch­lich zeigt sich im Fall von Banu Büyü­kav­ci gera­de das Gegen­teil einer Ter­ro­ris­tin und Gefahr für die öffent­li­che Ord­nung: Sie lebt seit 15 Jah­ren in Deutsch­land, arbei­tet als Ärz­tin im Kli­ni­kum Nürn­berg. Sie ist bei Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen äußerst beliebt, bei der Kli­nik­lei­tung sehr geschätzt. Sie wur­de nach der Haft­ent­las­sung mit offe­nen Armen emp­fan­gen und konn­te dort als Ärz­tin wei­ter­ar­bei­ten. Sie ist Mit­glied in ver.di und dort u.a. im Bezirks- und Lan­des­mi­gra­ti­ons­aus­schuss aktiv.

Ist das erlit­te­ne Unrecht noch zu stei­gern? Ja. Obwohl das Urteil noch nicht rechts­kräf­tig ist und die Anwäl­te Revi­si­on ange­kün­digt haben, prüft die Aus­län­der­be­hör­de der Stadt Nürn­berg die Mög­lich­keit ihrer Aus­wei­sung, weil Banu Büyü­kav­ci eine „Gefahr für die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land“ sei. Betrof­fen ist auch ihr Mann. Damit dro­hen den Bei­den kata­stro­pha­le Fol­gen: Inhaf­tie­rung und Fol­ter in der Tür­kei. Gegen die drei im Aus­land leben­den Ange­klag­ten wur­de ein 20-jäh­ri­ges Ein­rei­se­ver­bot in die Bun­des­re­pu­blik ver­hängt. Dazu braucht es kein neu­es gericht­li­ches Ver­fah­ren, die behörd­li­che Anord­nung ist durch den § 129b gedeckt.

Gegen die­ses Vor­ge­hen gibt es brei­ten Pro­test von ver.di-Mitgliedern bis in die Gewerk­schafts­füh­rung, von vie­len Men­schen, die Demo­kra­tie, Men­schen­rech­te und eine von poli­ti­schen Ein­fluss­nah­men unab­hän­gi­ge Jus­tiz ver­tei­di­gen.

Wir Ärzt*innen vom Ver­ein demo­kra­ti­scher Ärz­tin­nen und Ärz­te wol­len Banu Büyü­kav­ci und den ande­ren vom tür­ki­schen Staat Ver­folg­ten zur Sei­te ste­hen und weh­ren uns gegen die dies­be­züg­li­che Koope­ra­ti­on der Bun­des­re­gie­rung. Des­we­gen for­dern wir die zustän­di­gen Behör­den auf, sich nicht län­ger zum Erfül­lungs­ge­hil­fen poli­ti­scher Ver­fol­gung zu machen und Fol­gen­des umzu­set­zen:

  • lebens­lan­ges Blei­be­recht für Dr. Banu Büyü­kav­ci und ihre 9 Genoss*innen von der TKP/ML
  • Auf­he­bung des Ein­rei­se­ver­bots gegen die Ver­ur­teil­ten
  • Schutz für in der Tür­kei Ver­folg­te in der Bun­des­re­pu­blik statt wei­te­re still­schwei­gen­de oder akti­ve Unter­stüt­zung der dor­ti­gen Ver­fol­gun­gen von lin­ken Aktivist*innen und Parlamentarier*innen
  • Abschaf­fung des § 129b StGB

Geschäfts­füh­ren­der Vor­stand des vdää



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