Pres­se­mit­tei­lung des vdää zur Kam­pa­gne „Gleich­Be­Han­deln“

Die Coro­na-Pan­de­mie hat deut­lich gemacht, wie wich­tig das Recht auf Gesund­heits­ver­sor­gung ist, sowohl für jeden ein­zel­nen Men­schen als auch für die gesam­te Gesell­schaft. Die­ses Recht wird jedoch Hun­dert­tau­sen­den in Deutsch­land ver­wehrt. Denn der Para­graph 87 des Auf­ent­halts­ge­set­zes ver­pflich­tet das Sozi­al­amt, Per­so­nen ohne gül­ti­gen Auf­ent­halts­ti­tel umge­hend an die Aus­län­der­be­hör­de zu mel­den, wenn sie eine Kos­ten­über­nah­me für medi­zi­ni­sche Leis­tun­gen bean­tra­gen. Aus der begrün­de­ten Angst vor Abschie­bung her­aus ver­mei­den es daher Men­schen, die teils schon jah­re­lang in der Mit­te unse­rer Gesell­schaft als Nachbar*innen, Kund*innen, Dienstleister*innen und Mitschüler*innen leben, sich ärzt­lich behan­deln zu las­sen. Die Fol­gen: Lebens­be­droh­li­che Erkran­kun­gen blei­ben unbe­han­delt, Schwan­ge­re kön­nen nicht zur Vor­sor­ge­un­ter­su­chung gehen, Kin­der erhal­ten kei­ne medi­zi­ni­sche Grund­ver­sor­gung – und Covid-19-Infek­tio­nen wer­den nicht ent­deckt.

Die Über­mitt­lungs­pflicht steht bereits seit vie­len Jah­ren in der Kri­tik. 2009 wur­den Bil­dungs­ein­rich­tun­gen von der Pflicht, Per­so­nen ohne Auf­ent­halts­ti­tel zu mel­den aus­ge­nom­men, damit Kin­der ohne gere­gel­ten Auf­ent­halts­sta­tus ohne Angst zur Schu­le gehen kön­nen. Nun gilt es, den bestehen­den Miss­stand auch für das Gesund­heits­we­sen zu besei­ti­gen. Das Kam­pa­gnen­bünd­nis ist über­zeugt: Men­schen aus migra­ti­ons­po­li­ti­schen Grün­den von not­wen­di­ger medi­zi­ni­scher Ver­sor­gung abzu­hal­ten, ist inak­zep­ta­bel! Auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat 2012 fest­ge­stellt: „Die Men­schen­wür­de ist migra­ti­ons­po­li­tisch nicht zu rela­ti­vie­ren.“

Die Bun­des­re­gie­rung hat sich in ver­bind­li­chen inter­na­tio­na­len Men­schen­rechts­ver­trä­gen ver­pflich­tet, allen Men­schen in Deutsch­land Zugang zu einer ange­mes­se­nen Gesund­heits­ver­sor­gung zu gewähr­leis­ten – unab­hän­gig von Ein­kom­men, Her­kunft und Auf­ent­halts­sta­tus. 2018 hat der UN-Aus­schuss für wirt­schaft­li­che, sozia­le und kul­tu­rel­le Rech­te die deut­sche Poli­tik auf­ge­for­dert, das Auf­ent­halts­ge­setz zu ändern, damit auch Men­schen ohne gere­gel­ten Auf­ent­halts­sta­tus Gesund­heits­diens­te in Anspruch neh­men kön­nen.

Das Bünd­nis for­dert den Gesetz­ge­ber auf, den Para­graph 87 des Auf­ent­halts­ge­set­zes schnellst­mög­lich zu ändern, und es ruft alle Par­tei­en auf, sich dafür ein­zu­set­zen. Die Peti­ti­on und wei­te­re Infor­ma­tio­nen zur Kam­pa­gne fin­den Sie auf www.gleichbehandeln.de.

Felix Ahls

(Co-Vor­sit­zen­der des vdää)



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