Stel­lung­nah­me von Doc­tors for Choice und AKF zum Vor­schlag des baden-würt­tem­ber­gi­schen Sozi­al­mi­nis­te­ri­ums

Der Ver­sor­gungs­not­stand im Bereich des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs ist neben Baden-Würt­tem­berg durch zahl­rei­che Berich­te aus wei­te­ren Bun­des­län­dern belegt, unter ande­rem aus Bre­men, Nie­der­bay­ern, Rhein­land-Pfalz und Hes­sen. Der Schwan­ger­schafts­ab­bruch ist einer der häu­figs­ten Ein­grif­fe in der Gynä­ko­lo­gie. Die meis­ten öffent­lich finan­zier­ten Kli­ni­ken und die gro­ße Mehr­zahl der Gynäkolog*innen füh­ren den­noch kei­ne Schwan­ger­schafts­ab­brü­che durch. Vie­le älte­re Ärzt*innen, die Abbrü­che durch­füh­ren, wer­den in den kom­men­den Jah­ren in Ren­te gehen. Die orga­ni­sa­to­ri­schen und finan­zi­el­len Hür­den für unge­wollt Schwan­ge­re wer­den dadurch immer grö­ßer wer­den und eine ver­meid­ba­re Gesund­heits­ge­fähr­dung wird schon jetzt in Kauf genom­men.

Neben dem Ver­sor­gungs­de­fi­zit ergibt sich zudem ein Wei­ter­bil­dungs­de­fi­zit: Für Ärzt*innen, die den Ein­griff erler­nen wol­len, ist es schwie­rig, eine Wei­ter­bil­dungs­stät­te zu fin­den, wo Abbrü­che durch­ge­führt wer­den. Die Tech­nik des instru­men­tel­len Schwan­ger­schafts­ab­bruchs lernt zwar jede*r Fachärzt*in für Gynä­ko­lo­gie anhand der Behand­lung von Fehl­ge­bur­ten. Als Ärzt*innen behan­deln wir aber nicht nur Orga­ne, son­dern den gan­zen Men­schen. Inso­fern geht es auch um die Samm­lung von Erfah­run­gen und Kennt­nis­sen im Umgang mit unge­wollt Schwan­ge­ren sowie die Aus­ein­an­der­set­zung mit den recht­li­chen Beson­der­hei­ten. In unse­ren Fach­zir­keln und Fort­bil­dun­gen zum The­ma Schwan­ger­schafts­ab­bruch erle­ben wir, wie groß die Ver­un­si­che­rung und wie man­gel­haft das medi­zi­ni­sche Wis­sen unter Ärzt*innen zum Schwan­ger­schafts­ab­bruch ist. Wir möch­ten auch dar­auf hin­wei­sen, dass es neben dem instru­men­tel­len Schwan­ger­schafts­ab­bruch eine gleich­wer­ti­ge medi­ka­men­tö­se Metho­de gibt, die an kei­nem Kran­ken­haus in Deutsch­land gelehrt wird. Neben ande­ren Fak­to­ren machen wir die man­geln­de Reprä­sen­tanz des medi­ka­men­tö­sen Abbruchs in der gynä­ko­lo­gi­schen Wei­ter­bil­dung dafür ver­ant­wort­lich, dass die­se sehr scho­nen­de Metho­de in Deutsch­land nur bei jedem vier­ten Abbruch ange­wandt wird.

Ein­stel­lungs­kri­te­ri­en an Kli­ni­ken kön­nen ziel­ge­rich­te­te und sinn­vol­le Maß­nah­men sein, um die Ver­sor­gung zu ver­bes­sern und den Schwan­ger­schafts­ab­bruch als gynä­ko­lo­gi­schen Wei­ter­bil­dungs­in­halt für Nachwuchsärzt*innen fest zu ver­an­kern. Es geht dabei nicht dar­um, ein­zel­ne Ärzt*innen zur Durch­füh­rung von Abbrü­chen zu zwin­gen, auch wenn dies durch die Bericht­erstat­tung zum Teil so ver­mit­telt wur­de. Zum einen bleibt die freie Wahl von Fach­be­reich und Berufs­stät­te selbst­ver­ständ­lich erhal­ten. Zum ande­ren muss nicht jede Stel­le an die Bereit­schaft geknüpft sein, Abbrü­che durch­zu­füh­ren. Wich­tig ist, dass die Kli­ni­ken bei der Ein­stel­lung von Ärzt*innen sicher­stel­len, dass sie mit dem von ihnen ein­ge­stell­ten Per­so­nal alle not­wen­di­gen Ein­grif­fe des Fach­be­reichs Gynä­ko­lo­gie abde­cken kön­nen.

Der Schwan­ger­schafts­ab­bruch ist ein beson­de­rer Ein­griff inner­halb der Medi­zin, auch für uns Ärzt*innen. Wir hal­ten es jedoch für falsch, die­se Beson­der­heit durch Straf­ge­set­ze zu regeln. Die straf­recht­li­che Rege­lung stig­ma­ti­siert und tabui­siert den Schwan­ger­schafts­ab­bruch. Sie ist ein ent­schei­den­der Fak­tor, dass vie­le Ärzt*innen die­sen Ein­griff mei­den und dass es Ver­sor­gungs- und Aus­bil­dungs­de­fi­zi­te zum Schwan­ger­schafts­ab­bruch gibt.

For­de­run­gen

Um die Ver­sor­gungs­si­tua­ti­on zu ver­bes­sern, muss der Schwan­ger­schafts­ab­bruch grund­le­gend in die medi­zi­ni­sche Leh­re und Pra­xis sowie in die Gesund­heits­for­schung inte­griert wer­den. Bereits im Stu­di­um muss klar wer­den, dass zum Fach­be­reich der Gynä­ko­lo­gie auch die Durch­füh­rung von Schwan­ger­schafts­ab­brü­chen gehört. Die Ver­mitt­lung der Metho­den muss bun­des­weit in der Aus- und Wei­ter­bil­dung an Uni­ver­si­tä­ten und Kli­ni­ken sicher­ge­stellt wer­den. Der Schwan­ger­schafts­ab­bruch muss außer­halb des Straf­ge­setz­bu­ches gere­gelt und in das öffent­li­che Gesund­heits­we­sen inte­griert wer­den.

Eine bun­des­wei­te Aus­ein­an­der­set­zung mit den Ver­sor­gungs­de­fi­zi­ten beim Schwan­ger­schafts­ab­bruch über Par­tei­gren­zen hin­weg ist drin­gend nötig. Die Bun­des­län­der ste­hen in der Pflicht, eine gründ­li­che Ana­ly­se von Aus­maß und Ursa­chen der Unter­ver­sor­gung durch­zu­füh­ren. Es muss auf Län­der­ebe­ne und mit Unter­stüt­zung der Bun­des­re­gie­rung zeit­nah ein kon­kre­ter Maß­nah­men­ka­ta­log ent­wi­ckelt wer­den, wie der Ver­sor­gungs­not­stand zu behe­ben sei. Wir kön­nen die Gefähr­dung der Gesund­heit unge­wollt Schwan­ge­rer nicht län­ger hin­neh­men.

Doc­tors for Choice Ger­ma­ny e.V., info (at) doctorsforchoice.de / Arbeits­kreis Frau­en­ge­sund­heit in Medi­zin, Psy­cho­the­ra­pie und Gesell­schaft e.V; bue­ro (at) akf



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