Pres­se­mit­tei­lung des vdää zur Exper­tIn­nen­kom­mis­si­on „Pfle­ge­per­so­nal im Kran­ken­haus“ 12.03.2017

“Eine ange­mes­se­ne Per­so­nal­aus­stat­tung in der Pfle­ge im Kran­ken­haus ist für die Qua­li­tät der Pati­en­ten­ver­sor­gung und die Arbeits­si­tua­ti­on der Beschäf­tig­ten unab­ding­bar”, so lau­tet der abso­lut zutref­fen­de ers­te Satz der Schluss­fol­ge­run­gen der Kom­mis­si­on. Der Ver­ein demo­kra­ti­scher Ärz­tin­nen und Ärz­te (vdää) ist wie vie­le Pfle­ge­per­so­nen und Ärz­tin­nen und Ärz­te aus den Kran­ken­häu­sern bestürzt über die spär­li­chen Ergeb­nis­se der Exper­ten­kom­mis­si­on: Ver­bind­li­che Per­so­nal­un­ter­gren­zen wer­den nur für soge­nann­te “pfle­ge­sen­si­ti­ve” Berei­che der Kran­ken­häu­ser und erst ab Janu­ar 2019 ein­ge­führt.

War­um ist das kaum mehr als nichts?

Zu „1) Ver­bes­se­rung der Abbil­dung des erhöh­ten Pfle­ge­be­dar­fes durch lau­fen­de Maß­nah­men“

„Ver­än­de­run­gen inner­halb der DRG-Matrix (sog. PKMS) füh­ren nur zu einer Umver­tei­lung der vor­han­de­nen (zu gerin­gen) Mit­tel. Ein Kran­ken­haus mit einer durch­schnitt­li­chen Pati­en­ten­struk­tur bekommt für einen Teil der Fäl­le mehr Geld, dafür aber für den ande­ren Teil der Fäl­le weni­ger Geld. Es han­delt sich also um ein klas­si­sches Null­sum­men­spiel“, so Dr. Tho­mas Bohm, Mit­glied des vdää.

„2) Ver­bes­se­rung der Abbil­dung des all­ge­mei­nen Pfle­ge­be­dar­fes durch die Fest­le­gung von Per­so­nal­un­ter­gren­zen in pfle­ge­sen­si­ti­ven Berei­chen“

Was „pfle­ge­inten­si­ve Berei­che“ sein sol­len, ist völ­lig offen. Auch der Begriff „Pfle­ge­un­ter­gren­zen“ lässt ver­mu­ten, dass es nicht um eine gute, geschwei­ge denn opti­ma­le, Pfle­ge gehen soll. „Fest­zu­hal­ten ist, dass die not­wen­di­gen Stel­len nicht refi­nan­ziert wer­den, son­dern aus der all­ge­mei­nen Ver­gü­tung finan­ziert wer­den müs­sen. Damit wird ein Anreiz gesetzt, eine ggf. höhe­re not­wen­di­ge Stel­len­zahl durch Lohn­ab­sen­kung zu kom­pen­sie­ren“, so Dr. Peter Hoff­mann, stellv. Vor­sit­zen­der des vdää.
Dr. Tho­mas Böhm ergänzt: „Wer­den Soll-Zah­len nur für ein­zel­ne Berei­che fest­ge­legt und über­wacht, wird damit ein Ver­schie­be­bahn­hof initi­iert: Pfle­ge­per­so­nal wird aus nicht über­wach­ten Berei­chen in die über­wach­ten Berei­che ver­scho­ben. Die Situa­ti­on für die nicht über­wach­ten Berei­che ver­schlech­tert sich noch mehr. Anhalts­zah­len oder Pfle­ge­un­ter­gren­zen kön­nen nur funk­tio­nie­ren, wenn sie flä­chen­de­ckend zumin­dest für eine Berufs­grup­pe sind.“
Außer­dem ist zu kri­ti­sie­ren, dass sich die Unter­gren­zen nur auf die Pfle­ge und nicht auf ande­re Berufs­grup­pen bezie­hen sol­len, nicht ein­mal auf die sons­ti­gen the­ra­peu­ti­schen Berufs­grup­pen, wie es im PsychVVG für die psych­ia­tri­sche und psy­cho­so­ma­ti­sche Ver­sor­gung fest­ge­legt ist.

Zu „3. Über­füh­rung der Mit­tel des Pfle­ge­stel­len-För­der­pro­gramms in den Pfle­ge­zu­schlag“

Die Mit­tel aus dem Pfle­ge­för­der­pro­gramm soll­ten auch bis­her nach Aus­lau­fen des Pro­gramms bei den Kran­ken­häu­sern ver­blei­ben. Es han­delt sich also nicht um zusätz­li­che Finanz­mit­tel, son­dern nur um eine ande­re Ver­tei­lungs­art. „Der Pfle­ge­zu­schlag ist rei­ner Eti­ket­ten­schwin­del, denn das Geld wird nur ent­spre­chend der Kos­ten für Pfle­ge eines Kran­ken­hau­ses ver­teilt. Das Kran­ken­haus kann aber wie bis­her mit den Gel­dern machen, was es will (z.B. neue Bau­stel­len eröff­nen)“, erläu­tert Dr. Tho­mas Böhm. „Auch von einer Beloh­nung von Kran­ken­häu­sern, die mehr für die Pfle­ge tun, kann man nicht wirk­lich spre­chen.“
Hier­zu ein Rechen­bei­spiel: Von zwei ansons­ten völ­lig iden­ti­schen Kran­ken­häu­sern hat das eine 400, das ande­re 440 Pfle­ge­kräf­te (Kos­ten je PK 60.000). Dann bekommt das ers­te Kran­ken­haus 1,08 Mio. Euro Pfle­ge­zu­schlag, das ande­re 1,19 Mio. Euro. Das zwei­te Kran­ken­haus hat aber 2,4 Mio. Euro mehr Pfle­ge­per­so­nal­kos­ten. Wor­in soll der Anreiz lie­gen für 110.000 Euro mehr Zuschlag, 2,4 Mio. Euro mehr Kos­ten zu akzep­tie­ren? Im Zwei­fels­fall ver­zich­tet das Kran­ken­haus auf die 110.000 Euro und spart 40 Stel­len ein.

Der Ver­ein demo­kra­ti­scher Ärz­tin­nen und Ärz­te for­dert des­halb, wie auch das Bünd­nis Kran­ken­haus statt Fabrik, die Gewerk­schaft Ver.di, der Mar­bur­ger Bund und vie­le an-dere: eine all­ge­mein­ver­bind­li­che, gesetz­li­che Per­so­nal­be­mes­sung für alle Berei­che und Berufs­grup­pen im Kran­ken­haus, denn: “Eine ange­mes­se­ne Per­so­nal­aus­stat­tung (…) im Kran­ken­haus ist für die Qua­li­tät der Pati­en­ten­ver­sor­gung und die Arbeits­si­tua­ti­on der Beschäf­tig­ten unab­ding­bar”.

Dr. Nad­ja Rako­witz (Pres­se­spre­che­rin)

Für wei­ter­ge­hen­de Infor­ma­tio­nen, ins­be­son­de­re zum Zusam­men­hang der Hei­lungs­aus-sich­ten von Pati­en­tIn­nen mit dem Betreu­ungs­schlüs­sel des (Pflege-)Personals sie­he
www.krankenhaus-statt-fabrik.de



×