vdää zum Son­der­ärz­te­tag in Ber­lin am 23. Janu­ar 2016

 „Unter dem ideo­lo­gi­schen Deck­man­tel der Frei­be­ruf­lich­keit sol­len die mone­tä­ren Inter­es­sen von Tei­len der Ärz­te­schaft durch­ge­setzt wer­den“, so Prof. Wulf Diet­rich, Vor­sit­zen­der des Ver­eins demo­kra­ti­scher Ärz­tin­nen und Ärz­te.

Die Kri­ti­ker der geplan­ten Novel­lie­rung argu­men­tie­ren, der Arzt müs­se die Frei­heit haben, sei­ne Behand­lung und deren Bezah­lung allei­ne mit dem Pati­en­ten, ohne Ein­mi­schung einer Ver­si­che­rung, aus­han­deln zu dür­fen, anders sei die „Frei­be­ruf­lich­keit“ des Arz­tes gefähr­det. „Han­delt der Arzt also bei der Behand­lung eines gesetz­lich Ver­si­cher­ten nicht mehr als ‘frei­er‘ Arzt?“, so Diet­rich vom vdää. „Dies sind Vor­stel­lun­gen einer kari­ta­ti­ven Sozi­al­po­li­tik des 19. Jahr­hun­derts.“

Der vdää lehnt die PKV als Voll­ver­si­che­rung ab und for­dert eine Aus­wei­tung der soli­da­ri­schen Gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung ver­pflich­tend für alle Bür­ge­rin­nen und Bür­ger. Nur so wird das Soli­dar­prin­zip gesi­chert, das ein moder­nes, leis­tungs­fä­hi­ges Gesund­heits­we­sen für alle garan­tie­ren kann. Wir for­dern die Gleich­be­hand­lung glei­cher Fäl­le – unab­hän­gig vom Ver­si­cher­ten­sta­tus. Die Gleich­be­hand­lung bezieht sich auf Gleich­heit des Zugangs zur Ver­sor­gung und deren Qua­li­tät. All das ist mit dem Zwei-Klas­sen-Sys­tem von GKV und PKV nicht erreich­bar. Des­halb hal­ten wir eine Revi­si­on der GOÄ für über­flüs­sig. Schon der Ent­wurf der GOÄ, der – soweit er bis­her bekannt ist – den Kri­ti­kern viel zu weit geht, ent­hält kei­ner­lei Ele­men­te einer moder­nen Kran­ken­ver­si­che­rung:

Es feh­len:

  • eine Qua­li­täts­si­che­rung der erbrach­ten Leis­tung,
  • Qua­li­täts­an­for­de­run­gen an den Leis­tungs­er­brin­ger und sei­ne Gerät­schaf­ten,
  • eine gesi­cher­te Bedarfs­pla­nung,
  • Men­gen­be­gren­zun­gen,
  • Arz­nei­mit­tel­richt­li­ni­en,
  • Nut­zen­be­wer­tung von Arz­nei­mit­teln,
  • Maß­nah­men zur Ver­hin­de­rung über­flüs­si­ger und schäd­li­cher Leis­tun­gen.

Solan­ge es noch eine GOÄ geben muss, wären dies die Min­dest­for­de­run­gen an eine Neu­fas­sung.

Da es kei­ne zen­tra­le Abrech­nungs­kon­trol­le durch eine KV-ähn­li­che Ein­rich­tung und kei­ner­lei Steue­rungs- und Kon­troll­maß­nah­men gibt, herr­schen in der PKV chao­ti­sche Abrech­nungs­be­din­gun­gen. Jeder, der kann, der darf. Behand­lung von in der PKV ver­si­cher­ten Pati­en­ten ist wei­ter­hin wil­der Wes­ten: dort herr­schen Über- und Fehl­ver­sor­gung sowie Abrech­nungs-Will­kür. In ihrer Struk­tur ist die GOÄ ein Relikt aus Kai­sers Zei­ten.

Der vdää hält es für skan­da­lös, wenn einem pri­vat ver­si­cher­ten Pati­en­ten für die glei­che ärzt­li­che Leis­tung ein grö­ße­rer Betrag als einem gesetz­lich Ver­si­cher­ten berech­net wird. Hier ist eine ein­heit­li­che Abrech­nung zu for­dern. Doch geht es bei unse­rer Kri­tik der GOÄ nicht pri­mär um das Geld, es geht um eine völ­lig über­kom­men­de Ver­si­che­rungs­struk­tur. Lei­der wird das aber nicht The­ma in Ber­lin sein. Hier wird es nur um Geld und Ein­fluss der Ärz­te­schaft gehen. Nach der KBV ist jetzt auch die Bun­des­ärz­te­kam­mer in Gefahr, sich in der gesund­heits­po­li­ti­schen Dis­kus­si­on ins völ­li­ge Abseits zu bege­ben.

Der vdää sieht kei­nen Sinn dar­in, sich an die­ser rück­wärts­ge­wand­ten Dis­kus­si­on zu betei­li­gen.

21. Janu­ar 2016

Prof. Dr. Wulf Diet­rich, Vor­sit­zen­der des vdää
Dr. Nad­ja Rako­witz, Geschäfts­füh­re­rin

 



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