Pres­se­er­klä­rung vdää, Medi­bü­ros, Medi­net­ze, med­ico inter­na­tio­nal zur medi­zi­ni­schen Min­der­ver­sor­gung

 

Und dies obwohl der Bun­des­re­gie­rung bekannt ist, dass die Umset­zung des Asyl­bLG seit sei­ner Ein­füh­rung 1993 hin­sicht­lich der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung nicht funk­tio­niert. Will­kür­li­che Aus­le­gun­gen und Umset­zun­gen mit gra­vie­ren­den gesund­heit­li­chen Fol­gen für die Betrof­fe­nen sind die Pra­xis: ver­schlim­mer­te Krank­heits­ver­läu­fe, Chro­ni­fi­zie­run­gen und Todes­fäl­le. Die Medi­bü­ros und Medi­net­ze haben dazu bereits im August gemein­sam mit dem vdää – Ver­ein demo­kra­ti­scher Ärz­tin­nen und Ärz­te und med­ico inter­na­tio­nal in ihrem Auf­ruf für eine Ver­bes­se­rung der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung von Asyl­su­chen­den Stel­lung bezo­gen: http://stopasylblg.de/

Gesund­heits­kar­te zwei­ter Klas­se für Asyl­su­chen­de und Geflüch­te­te

Asyl­su­chen­de, die direkt in Deutsch­land ihren Asyl­an­trag gestellt haben, sol­len nach dem vor­lie­gen­den Gesetz­ent­wurf zwar zukünf­tig eine Kran­ken­ver­si­che­rungs­kar­te erhal­ten kön­nen – wenn die zustän­di­gen Län­der oder Land­krei­se dies wün­schen. Es bleibt somit ers­tens bei  optio­na­len Län­der-spe­zi­fi­schen Abschlüs­sen von Kran­ken­kas­sen­ver­trä­gen. Ange­mes­se­ne gesund­heit­li­che Ver­sor­gung ent­spre­chend men­schen­recht­li­cher Stan­dards darf jedoch kei­ne optio­na­le Län­der­sa­che sein, son­dern erfor­dert eine ver­bind­li­che gesetz­li­chen Rege­lung für alle Bun­des­län­der. Zwei­tens gel­ten wei­ter­hin die ein­ge­schränk­ten Leis­tun­gen gemäß §§ 4 und 6 Asyl­bLG, d.h. nur eine Behand­lung aku­ter Krank­hei­ten und bei Schmerz­zu­stän­den, Hil­fen bei Gebur­ten sowie Leis­tun­gen, die zur Auf­recht­erhal­tung der Gesund­heit uner­läss­lich sind.

Zukünf­tig muss sogar der Hin­weis auf die­se Ein­schrän­kun­gen auf der elek­tro­ni­schen Kar­te ver­merkt sein: „Ach­tung Asyl­su­chen­de – Behand­lung nur, wenn akut und schmerz­haft“. Igno­riert wird dabei die erfolg­rei­che Pra­xis in Bre­men und Ham­burg, wo Asyl­su­chen­de jede not­wen­di­ge Behand­lung erhal­ten. Die medi­zi­nisch unsin­ni­ge Vor­ab­prü­fung, ob eine Krank­heit akut ist oder nicht, fällt hier weg. Und dies bei gleich­zei­ti­ger Kos­ten­sen­kung für die Sozi­al­be­hör­den. Das geplan­te Gesetz erhöht dem­ge­gen­über nicht nur den admi­nis­tra­ti­ven Auf­wand, son­dern führt zu einer wei­te­ren Ver­schlech­te­rung der Gesund­heits­ver­sor­gung von Asyl­su­chen­den.

Wir for­dern daher die Strei­chung von § 4 Asyl­bLG und eine medi­zi­nisch bestimm­te Kran­ken­ver­sor­gung aller Asyl­su­chen­den, Flücht­lin­ge, Gedul­de­ten und Papier­lo­sen durch Inte­gra­ti­on in gesetz­li­che Kran­ken­kas­sen – denn aus­rei­chen­de Gesund­heits­ver­sor­gung ist ein Men­schen­recht!

Die 33 Medi­bü­ros und Medi­net­ze in Deutsch­land sind seit 20 Jah­ren zusam­men mit koope­ra­ti­ons­wil­li­gen Ärz­tin­nen und Ärz­ten, Kran­ken­häu­sern, Heb­am­men und ande­ren Fach­leu­ten aus dem Gesund­heits­we­sen aktiv, um im stän­di­gen Kon­takt mit den Betrof­fe­nen wenigs­tens ört­lich eine aus­rei­chen­de Gesund­heits­ver­sor­gung sicher­zu­stel­len.

Das Recht auf Gesund­heits­ver­sor­gung sicher­zu­stel­len, ist jedoch Auf­ga­be des Staa­tes – und nicht von zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen. Mit ihrem Gesetz­ent­wurf pro­du­ziert die Bun­des­re­gie­rung wei­ter­hin den Aus­schluss zahl­rei­cher Men­schen aus den sozia­len Siche­rungs­sys­te­men und über­lässt es somit auch wei­ter­hin den „ehren­amt­lich“ Enga­gier­ten, die wil­lent­lich geris­se­nen Ver­sor­gungs­lü­cken zu stop­fen.

Unser Lösungs­vor­schlag: Die Ein­bin­dung aller Asyl­su­chen­den gemäß § 27 und § 264 Absatz 2 Sozi­al­ge­setz­buch V in die Gesetz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung anstel­le von §§ 4 und 6 Asyl­bLG gewähr­leis­tet eine prak­ti­ka­ble, büro­kra­tie­ar­me Umset­zung durch bereits exis­tie­ren­de Struk­tu­ren, ver­ur­sacht kei­ne zusätz­li­chen Kos­ten und schafft ein ein­heit­li­ches, men­schen­rechts­kon­for­mes Sys­tem der Gesund­heits­ver­sor­gung ohne Dis­kri­mi­nie­run­gen.

Wir for­dern Bund und Län­der daher dazu auf,

  • das Geset­zes­pa­ket zu stop­pen.
  • sich aktiv ein­zu­set­zen für eine gesetz­lich ver­bind­li­che bun­des­wei­te Rea­li­sie­rung einer aus­rei­chen­den medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung von Asyl­su­chen­den und ande­ren Grup­pen, wel­che unter § 1 Asyl­bLG fal­len.
  • die Ein­glie­de­rung in die gesetz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung und medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung gemäß § 27 und § 264 Absatz 2 Sozi­al­ge­setz­buch V anstel­le von §§ 4 und 6 Asyl­bLG zu beschlie­ßen – so wie sie bereits jetzt für alle Asyl­su­chen­den nach 15 Mona­ten Asyl­ver­fah­ren nach § 2 Asyl­bLG besteht.

Wir schlie­ßen uns dem Auf­ruf zur Kund­ge­bung vorm Kanz­ler­amt an, um gegen die geplan­ten Geset­zes­ver­schär­fun­gen zu pro­tes­tie­ren: Don­ners­tag, 24. Sep­tem­ber 2015, 17.00 Uhr

Die Medi­bü­ros und Medi­net­ze in Deutsch­land, vdää und med­ico inter­na­tio­nal

Kon­takt- und wei­te­re Infor­ma­tio­nen:

kampagne@stopasylblg.de und http://stopasylblg.de/ Elè­ne Mis­bach, Medi­bü­ro Ber­lin: 0177 4027583, Kat­ja Mau­rer, med­ico inter­na­tio­nal: 069 94438–0, maurer@medico.de

Auf­ruf für eine Ver­bes­se­rung der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung von Asyl­su­chen­den, Medi­bü­ros und Medi­net­ze in Deutsch­land, med­ico inter­na­tio­nal und Ver­ein demo­kra­ti­scher Ärz­tin­nen und Ärz­te:
http://stopasylblg.de/

Doku­men­ta­ti­on von Fäl­len des Flücht­lings­rats Ber­lin: Stel­lung­nah­me zum “Ent­wurf eines Geset­zes zur Ände­rung des Asyl­bLG und des SGG”, BT-Drs.18/2592 vom 22.9.2014, S. 42–43.
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/asylblg/Classen_AsylbLG_2014_AS-Ausschuss.pdf

Kund­ge­bung vorm Bun­des­kanz­ler­amt am 24. Sep­tem­ber um 17.00 Uhr
Wei­te­re Infor­ma­tio­nen unter: https://www.facebook.com/deutschland.demobilisieren

*Geset­zes­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung*:
http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/GE_Bund_AsylVerfBeschleunigung.pdf

Netz­werk für das Recht auf Gesund­heits­ver­sor­gung aller Migrant*innen www.medibuero.de
Spen­den­kon­to:
Kon­to­in­ha­ber: Flücht­lings­rat Ber­lin e.V.
Stich­wort: Medi­zi­ni­sche Hil­fe
bei der Bank für Sozi­al­wirt­schaft
IBAN: DE93100205000003260302
BIC: BFSWDE33BER
Wir stel­len Spen­den­quit­tun­gen aus. Bit­te ver­mer­ken Sie dazu ein­fach Ihren Namen und Ihre Anschrift auf dem Über­wei­sungs­trä­ger.



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