Pres­se­er­klä­rung des vdää zu den Todes­fäl­len im Rah­men des Aci­n­et­o­bac­ter-bau­ma­nii-Aus­bruchs am UKSH Kiel

In prak­tisch jeder Schicht auf der betrof­fe­nen Inten­siv­sta­ti­on am UKSH wer­den, so Infor­ma­tio­nen der Gewerk­schaft ver.di, von Beschäf­tig­ten der Pfle­ge Über­las­tungs­an­zei­gen geschrie­ben. Tags­über betreue eine Pfle­ge­kraft 2–3 Pati­en­ten, nachts 3–4 zum Groß­teil beatme­te, hoch­kom­ple­xe inter­nis­ti­sche Pati­en­tIn­nen. Zum Ver­gleich: In den Nie­der­lan­den und in den skan­di­na­vi­schen Län­dern ist auf Inten­siv­sta­tio­nen eine Ver­hält­nis Pfle­ge zu Pati­ent von 1:1 üblich, was nach­weis­lich zu einer Ver­min­de­rung von noso­ko­mia­len Infek­tio­nen führt.i

Außer­dem nimmt die Zahl von kurz­fris­tig ange­stell­ten Mit­ar­bei­te­rIn­nen (Leih­ar­bei­te­rIn­nen, Pfle­ge­pool) am UKSH zu. In ver­schie­de­nen Stu­di­en ist belegt, dass dies eine Zunah­me von noso­ko­mia­len Infek­tio­nen zusätz­lich begünstigt.ii Die abso­lu­te Zahl der out­ges­ourc­ten (und deut­lich schlech­ter bezahl­ten) Ser­vice- und Rei­ni­gungs­kräf­te der UKSH ist in den letz­ten Jah­ren zwar kon­stant geblie­ben, aber – nach Infor­ma­tio­nen des NDR – die Arbeits­fel­der sei­en deut­lich erwei­tert wor­den, so dass pro Sta­ti­on und Zeit­ein­heit weni­ger Rei­ni­gungs­per­so­nal zur Ver­fü­gung steht. Auch auf ärzt­li­cher Sei­te nahm die Arbeits­be­las­tung in den letz­ten Jah­ren durch Mit­be­treu­ung wei­te­rer Sta­tio­nen ste­tig zu.

Die bau­li­che Situa­ti­on in den zum Teil über hun­dert Jah­re alten Gebäu­den ist eine enor­me Her­aus­for­de­rung: Auf der Inten­siv­sta­ti­on sind, wie man in einem NDR-Bericht die­se Woche sehen konn­te, Drei­bett­zim­mer die Regel, es gibt weni­ge Ein­zel- / Iso-Zim­mer. Die vor­han­de­nen Ein­zel­zim­mer ver­fü­gen nicht über einen Vor­raum als Schleu­se und die Tür öff­net sich direkt in den zen­tra­len Sta­ti­ons­raum. Die­se unzu­rei­chen­den Iso­la­ti­ons­mög­lich­kei­ten sind ein wesent­li­cher Fak­tor für noso­ko­mia­le Infek­tio­nen. Der Index­pa­ti­ent des aktu­el­len Aci­n­et­o­bac­ter-bau­ma­nii-Aus­bruchs wur­de auf­grund feh­len­der Iso­la­ti­ons­mög­lich­kei­ten zunächst in einem Drei­bett­zim­mer unter­ge­brach­tiii – ein Umstand, der sicher­lich zur Ver­brei­tung des Keims bei­getra­gen hat.

Eini­ge die­ser Män­gel, wie die bau­li­che Situa­ti­on, sind struk­tu­rell bedingt und wer­den sich vor­aus­sicht­lich wohl erst mit einem geplan­ten Neu­bau dau­er­haft ver­bes­sern. Ande­re, wie der ekla­tan­te Per­so­nal­man­gel, sind jedoch haus­ge­macht. Da das UKSH als wirt­schaft­lich han­deln­des Unter­neh­men im wett­be­werb­lich orga­ni­sier­ten Kran­ken­haus­sek­tor die Kos­ten mög­lichst gering hal­ten muss, ist Per­so­nal­ver­knap­pung bis zum Not­stand vor­pro­gram­miert. Das Grund­pro­blem ist hier­bei die Öko­no­mi­sie­rung der (sta­tio­nä­ren) Gesund­heits­ver­sor­gung mit den unzu­rei­chen­den pau­scha­lier­ten Ent­gel­ten im deut­schen DRG-Sys­tem.

Der vdää for­dert, aus dem aktu­el­len Aus­bruch die rich­ti­ge Kon­se­quenz zu zie­hen und die per­so­nel­le Situa­ti­on der betrof­fe­nen Sta­tio­nen dau­er­haft zu ver­bes­sern. Ein Betreu­ungs­schlüs­sel von 1:1 (Pflegekraft/Patient), wie in den Nie­der­lan­den und vie­len skan­di­na­vi­schen Län­dern üblich, soll­te das Ziel sein. Zu errei­chen wäre dies durch eine gesetz­lich vor­ge­schrie­be­ne Per­so­nal­be­mes­sung, wie sie z.B. die Gewerk­schaft ver.di for­dert. Ein fes­tes Zah­len­ver­hält­nis von Pfle­ge­kraft zu Pati­ent wäre des Wei­te­ren auch auf Nor­mal­sta­ti­on anzu­stre­ben. Die Schaf­fung von Ein­zel­zim­mern auf den Inten­siv­sta­tio­nen sowie in der Not­auf­nah­me soll­te zudem Bestand­teil bau­li­cher Erneue­run­gen sein. Dazu müs­sen die Bun­des­län­der end­lich höhe­re Inves­ti­ti­ons­mit­tel bereit­stel­len, statt die­se immer wei­ter zu kür­zen, um aus­ge­gli­che­ne Län­der­haus­hal­te zu errei­chen.

Außer­dem muss das von der Kom­mis­si­on für Kran­ken­haus­hy­gie­ne und Infek­ti­ons­prä­ven­ti­on (KRINKO) emp­foh­le­ne risi­ko­ad­ap­tier­te Scree­ning für mul­ti­re­sis­ten­te Erre­ger kon­se­quent umge­setzt wer­den. Hier­bei wer­den Hoch­ri­si­ko­pa­ti­en­ten (z.B. nach vor­an­ge­gan­ge­nen Kran­ken­haus­auf­ent­hal­ten im Aus­land) bei Über­nah­me und Erst­auf­nah­me obli­gat so lan­ge iso­liert, bis das Scree­ning-Ergeb­nis vor­liegt.

Prof. Dr. Wulf Diet­rich (Vor­sit­zen­der)
Dr. Peter Hoff­mann (stellv. Vor­sit­zen­der)

 

i Stone PW1, Moo­ney-Kane C, Dick AW.et al. Nur­se working con­di­ti­ons and pati­ent safe­ty outcomes.Med Care 2007 Jun.
ii Robert J, Fri­d­kin SK, Blum­berg HM et al. The influence of the com­po­si­ti­on of the nur­sing staff on pri­ma­ry blood­stream infec­tion rates in a sur­gi­cal inten­si­ve care unit. Infect Con­trol Hos­p­Epi­de­mi­ol 2000; 21: 12 – 17
iii http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/UKSH-Keim-breitet-sich-nicht-weiter-aus,keim104.html

 

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