Pres­se­er­klä­rung des vdää zur den Eck­punk­ten der Bund-Län­der-AG zur Kran­ken­haus­re­form

Der vdää hält die vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­men aus fol­gen­den Grün­den für unge­nü­gend:

1. Die Kern­fra­ge der Kran­ken­haus­mi­se­re, näm­lich die nach einer sub­stan­ti­el­len Ver­bes­se­rung der Inves­ti­ti­ons­mit­tel durch die Bun­des­län­der wird völ­lig unzu­rei­chend ange­gan­gen: „Die Län­der … haben die Inves­ti­ti­ons­mit­tel für ihre Kran­ken­häu­ser in not­wen­di­gem Umfang bereit­zu­stel­len“. Das soll­ten sie bis­her auch schon, haben es aber nicht getan. Solan­ge die Ver­pflich­tung der Län­der nicht ver­bind­lich ist und mit Sank­tio­nen belangt wer­den kann, wird es auch wei­ter­hin zu einer Unter­fi­nan­zie­rung der Inves­ti­tio­nen kom­men.

2. Ob die Finan­zie­rung der Kli­ni­ken auf Grund­la­ge der DRGs ver­ant­wort­lich für Leis­tungs­aus­wei­tung und Unter­fi­nan­zie­rung ist, wird nicht ana­ly­siert und ange­tas­tet. Die DRGs blei­ben, mit eini­gen Aus­nah­men, die Basis der Abrech­nung.

3. Der Bund soll nun den Markt­aus­tritt vor­geb­lich über­flüs­si­ger Kran­ken­häu­ser sub­ven­tio­nie­ren. Es soll ein Struk­tur­fonds auf­ge­legt wer­den, der mit 500 Mill € zur Hälf­te aus dem Gesund­heits­fonds, also aus Mit­teln der Ver­si­cher­ten finan­ziert wer­den soll und der hel­fen soll, Kran­ken­haus­bet­ten abzu­bau­en.

4. Es feh­len Aus­sa­gen zu einer wis­sen­schaft­lich begrün­de­ten Bedarfs­pla­nung, die aber nach Sicht des vdää Grund­la­ge für einen Kapa­zi­täts­ab­bau der Kran­ken­häu­ser sein soll­te. Dies müss­te der Kern­punkt jeder sub­stan­ti­el­len Reform der sta­tio­nä­ren Ver­sor­gung sein.

5. Statt­des­sen soll der Wett­be­werb über die Qua­li­tät der erbrach­ten Leis­tun­gen aus­ge­tra­gen wer­den und so zum Bet­ten­ab­bau füh­ren. Bis heu­te ist aber unklar, wie die Qua­li­tät von medi­zi­ni­schen Leis­tun­gen zu erfas­sen ist. Qua­li­täts­in­di­ka­to­ren sol­len erst noch vom GBA ent­wi­ckelt wer­den. Wir hal­ten es für äußerst pro­ble­ma­tisch, ob und wie sich sinn­vol­le Kri­te­ri­en für die Ergeb­nis­qua­li­tät wer­den ent­wi­ckeln las­sen. Schlech­te Qua­li­tät soll, so das Papier der Bund-Län­der AG, mit Abschlä­gen
bestraft, gute durch Zuschlä­ge belohnt wer­den. Solan­ge sich an den Struk­tu­ren nichts wesent­li­ches ändert, wer­den sol­che Anrei­ze – so die Erfah­rung der Ärz­tin­nen des vdää – dazu füh­ren, dass Pati­en­tIn­nen mit unsi­che­rem Aus­gang ihrer medi­zi­ni­schen Behand­lung abge­wie­sen oder schnell ver­legt wer­den, damit die Qua­li­täts­be­rich­te nicht zu nega­tiv aus­fal­len. Pay-for-Per­for­mance-Model­le füh­ren bekann­ter­ma­ßen zu Risi­ko­se­lek­ti­on, also zu Kon­kur­renz um die gesün­des­ten Pati­en­ten, sowie zu sys­te­ma­ti­schen “Ver­zer­run­gen” bei der Daten-Doku­men­ta­ti­on – die schon jetzt im Zusam­men­hang von QM in gro­ßem Maße in vie­len Kran­ken­häu­sern statt­fin­det. Mogeln, um gut dazu­ste­hen. Der vdää stellt dage­gen zur Dis­kus­si­on, dass Kli­ni­ken mit schlech­te­ren Ergeb­nis­sen eher noch finan­zi­el­le Hil­fen benö­ti­gen, um ihre Struk­tu­ren zu ver­bes­sern, anstatt mit gerin­ge­ren Erlö­sen abge­straft zu wer­den – und dann not­wen­dig noch schlech­te­re Qua­li­tät ablie­fern. Und was nützt es dem Pati­en­ten, wenn „sei­ne“ Kli­nik wegen schlech­ter Qua­li­tät finan­zi­ell abge­straft wur­de? Dau­er­haft schlech­te Kli­ni­ken sol­len nicht durch Abschlä­ge bestraft wer­den, son­dern müss­ten geschlos­sen wer­den.

6. Der im Kran­ken­haus gel­ten­de Ver­bots­vor­be­halt, also die Mög­lich­keit, alle neu­en Tech­ni­ken und The­ra­pien – sofern sie nicht ver­bo­ten sind – anzu­wen­den, bleibt laut Bund-Län­der-AG im Wesent­li­chen erhal­ten, wenn auch Ein­schrän­kun­gen für risi­ko­rei­che Ver­fah­ren ein­ge­führt wer­den.

7. Das Pfle­ge­för­der­pro­gramm von ins­ge­samt 660 Mill € ist noch klei­ner ange­legt als sein his­to­ri­sches Vor­bild von 2009 bis 2011, das schon damals kaum Wir­kung gezeigt hat­te. Die Ein­set­zung einer Exper­ten­grup­pe, die bis Ende 2017(!) Vor­schlä­ge erar­bei­ten soll, bedeu­tet im Klar­text: Wir geben Euch ein Trost­pfläs­ter­chen und anschlie­ßend wol­len wir bis zum Ende der Legis­la­tur­pe­ri­ode mit dem Pro­blem man­geln­der pfle­ge­ri­scher Zuwen­dungs­mög­lich­kei­ten in der Fabrik Kran­ken­haus nicht wei­ter beläs­tigt wer­den. Dabei bleibt unklar, woher denn die neu­en Pfle­ge­kräf­te kom­men sol­len. Schon heu­te herrscht ein ekla­tan­ter Man­gel an Pfle­ge­kräf­ten, und die Arbeits­be­din­gun­gen wer­den immer unat­trak­ti­ver.

8. Eine obli­ga­te gesetz­li­che Per­so­nal­be­mes­sung wird von der Arbeits­grup­pe nicht gefor­dert. Es wird also wei­ter­hin mög­lich sein, Finanz­lö­cher der Kran­ken­häu­ser durch den Abbau von Pfle­ge­per­so­nal zu stop­fen!

9. Wir wol­len nicht ver­schwei­gen, dass ver­schie­de­ner­lei Details der Eck­punk­te der Bund-Län­der-AG einen genaue­ren Blick ver­die­nen und sinn­voll sein mögen, ins­be­son­de­re wo im Namen der Qua­li­tät die Pla­nungs- und Durch­griffs rech­te der Bun­des­län­der auf die Kli­ni­ken gestärkt wer­den. Auch eine Ände­rung des Ori­en­tie­rungs­wer­tes, wel­cher für die Anhe­bung des Lan­des­ba­sis­fall­wer­tes wesent­lich ist, ist zu begrü­ßen. Lei­der aber sind die­se Details in dem Papier nur Neben­sa­che.

Prof. Dr. Wulf Diet­rich (Vor­sit­zen­der)
Dr. Peter Hoff­mann (Stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der)

 

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