Pres­se­er­klä­rung von vdää und VDPP zu Zuzah­lun­gen

„Zuzah­lun­gen von Pati­en­ten zu Leis­tun­gen der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung sind aber prin­zi­pi­ell ein Pro­blem – unab­hän­gig von der momen­ta­nen Finanz­si­tua­ti­on der Kas­sen“, so der Vor­sit­zen­de des vdää, Prof. Wulf Diet­rich. In dem soli­da­ri­schem Sys­tem der Kran­ken­ver­si­che­rung, in dem jeder Ver­si­cher­te unab­hän­gig von sei­ner finan­zi­el­len Leis­tungs­fä­hig­keit die Leis­tun­gen erhal­ten soll­te, die er benö­tigt, haben Ver­si­cher­te „Anspruch auf Kran­ken­be­hand­lung, wenn sie not­wen­dig ist, um eine Krank­heit zu erken­nen, zu hei­len, ihre Ver­schlim­me­rung zu ver­hü­ten oder Krank­heits­be­schwer­den zu lin­dern“ (SGB V § 27), wenn die­se Leis­tun­gen „aus­rei­chend, zweck­mä­ßig und wirt­schaft­lich“ (SGB V § 12) sind.

„Die­ses Prin­zip wird durch Zuzah­lun­gen wie Pra­xis­ge­bühr, Medi­ka­men­ten­zu­zah­lung oder Betei­li­gung an den Kran­ken­haus­kos­ten mas­siv unter­gra­ben“, so Flo­ri­an Schul­ze vom VDPP und rech­net vor, dass die gesetz­lich Ver­si­cher­ten im Jahr 2010 mehr als 5 Mrd. € zu Leis­tun­gen zuge­zahlt haben, die ihnen eigent­lich als Sach­leis­tung zustün­den. Dabei sind Eigen­an­tei­le an Leis­tun­gen und wirt­schaft­li­che Auf­zah­lun­gen nicht berück­sich­tigt. „Außer­dem“ so Schul­ze wei­ter, „unter­gra­ben Zuzah­lun­gen die pari­tä­ti­sche Finan­zie­rung der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung. Sie belas­ten ein­sei­tig die Ver­si­cher­ten, die Arbeit­ge­ber wer­den geschont.“

Zuzah­lun­gen wur­den begrün­det und ein­ge­führt, um die Inan­spruch­nah­me medi­zi­ni­scher Leis­tun­gen zu steu­ern. Die­sen Zweck erfül­len sie auch – aber in nega­ti­vem Sinn: Vie­le Stu­di­en haben gezeigt, dass Eigen­be­tei­li­gung die Pati­en­ten vom Arzt­be­such oder der Ein­nah­me wich­ti­ger Medi­ka­men­te abhält. Zuzah­lun­gen tref­fen haupt­säch­lich schwä­che­re Grup­pen wie chro­nisch Kran­ke und Per­so­nen mit nied­ri­gem Ein­kom­men. Das Deut­sche Ärz­te­blatt berich­te­te im April 2011 über eine Stu­die des Sozio­lo­gen Claus Wendt, die zeig­te, dass in Deutsch­land jeder ach­te poten­ti­el­le Pati­ent durch die Zuzah­lun­gen vom Arzt­be­such abge­hal­ten wird. Außer­dem, so kon­sta­tier­te Wendt, wür­den „pri­va­te Zuzah­lun­gen dar­über hin­aus das Ver­trau­en der Bür­ger in das Gesund­heits­sys­tem nach­hal­tig schwä­chen“.

Zuzah­lun­gen zu sta­tio­nä­rer Behand­lung im Kran­ken­haus oder zu Arz­nei­mit­teln hat­ten selbst theo­re­tisch nie eine Steu­er­funk­ti­on, da sie not­wen­di­ge Behand­lun­gen betra­fen, auf die die Pati­en­ten kei­ner­lei Ein­fluss hat­ten. Sie dien­ten von Anbe­ginn an der Unter­gra­bung des Soli­dar­sys­tems. Zuzah­lun­gen haben also kei­ner­lei posi­ti­ve Steue­rungs­funk­tio­nen und ste­hen in schar­fem Kon­flikt mit den sozia­len Zie­len der Soli­dar­ge­mein­schaft. Aus die­sem Grun­de wur­de die Kos­ten­be­tei­li­gung in den Nie­der­lan­den bereits im Jahr 2000 wie­der gestri­chen.

Der vdää und der VDPP for­dern die Strei­chung aller Zuzah­lun­gen von Ver­si­cher­ten zu medi­zi­nisch not­wen­di­gen Leis­tun­gen. Dies betrifft nicht nur, wie von Ärz­te­ver­bän­den und der FDP gefor­dert, die Pra­xis­ge­bühr, son­dern alle Zuzah­lun­gen. Wulf Diet­rich: „Die­se Strei­chung ist kei­ne Fra­ge von der momen­ta­nen finan­zi­el­len Situa­ti­on der Kran­ken­kas­sen, son­dern eine Fra­ge der soli­da­ri­schen Finan­zie­rung unse­res Ver­si­cher­ten­sys­tems.“

Prof.Dr. Wulf Diet­rich (Vor­sit­zen­der des vdää)

Flo­ri­an Schul­ze (Vor­stand VDPP)                           



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